Fentanyl-Rabattvertrag

XXL-Bietergemeinschaft zulässig Julia Pradel, 15.04.2016 08:09 Uhr

Berlin - 

Rabattverträge sind zwar in der Praxis etabliert und die großen Rechtsfragen geklärt, doch Streit zwischen Krankenkassen und Herstellern gibt es immer wieder. Die AOK Baden-Württemberg muss sich derzeit nicht nur mit Dumpingpreisen für orale Kontrazeptiva herumschlagen, sondern auch mit konkurrierenden Bietergemeinschaften für Fentanyl. Dabei geht es um die Frage, wie groß diese Zusammenschlüsse sein dürfen.

Die AOK sucht in ihrer 15. Rabattrunde unter anderem Partner für Fentanyl-Pflaster. Mit bis zu drei Herstellern oder Bietergemeinschaften sollen Verträge vereinbart werden – und diese Abgrenzung macht der Kasse jetzt Probleme. Denn eine Bietergemeinschaft moniert, dass zwei bezuschlagte Zusammenschlüsse gar nicht hätten gemeinsam antreten dürfen.

Für die Bewertung von Angeboten erstellt die AOK sogenannte Preisvergleichsgruppen zu den einzelnen Präparaten, je nach Wirkstärke und Packungsgröße. Für Fentanyl wurden insgesamt 111 Preisvergleichsgruppen gebildet. Anhand dieser Parameter wird berechnet, wie breit die Bieter aufgestellt sind. Den Zuschlag erhielten zwei Bietergemeinschaften, die zusammen mit ihrem Portfolio 45 beziehungsweise 50 Prozent aller verfügbaren Fentanyl-Präparate abdecken.

Weil sie nicht zum Zug kam, beantragte eine weitere Bietergemeinschaft bei der Vergabekammer des Bundes die Nachprüfung des Verfahrens. Diese Bietergemeinschaft konnte insgesamt 33 Prozent des Beschaffungsbedarfs abdecken. Die Unternehmen sind der Meinung, dass die Konkurrenten, die den Zuschlag bekommen haben, gar nicht als Gemeinschaft hätten antreten dürfen: Schließlich seien Unternehmen beteiligt, die schon für sich genügend Preisvergleichsgruppen abdeckten.

Deshalb sei ein Zusammenschluss nicht erforderlich. Wenn ein Zusammenschluss aber nur dazu diene, die Zuschlagschancen zu erhöhen, sei er kartell- und vergaberechtlich grundsätzlich nicht gerechtfertigt, argumentierte die unterlegene Bietergemeinschaft.

Dem folgte die Vergabekammer nicht: Ein Angebot sei bei dieser Ausschreibung umso wirtschaftlicher, je mehr Preisvergleichsgruppen abgedeckt würden. Und in der Rechtsprechung sei mittlerweile anerkannt, dass Bietergemeinschaften auch dann zulässig seien, wenn „erst hierdurch ein aussichtsreiches und Erfolg versprechendes Angebot möglich wird“.

Aufgrund der Marktverhältnisse – drei Unternehmen deckten jeweils ein Sortiment von 45 bis 58 Prozent ab – lag laut Vergabekammer der Schluss nahe, dass ein Erfolg versprechendes Angebot zumindest in die Nähe dieser Sortimentsabdeckungen gelangen müsse. Erst durch die Bildung von Bietergemeinschaften seien die Unternehmen in der Lage gewesen, 45 beziehungsweise 50 Prozent des Sortiments abzudecken. Es sei daher nicht nur subjektiv wirtschaftlich zweckmäßig und kaufmännisch vernünftig gewesen, sich zusammenzuschlie0en, sondern auch objektiv erforderlich.

Die unterlegene Bietergemeinschaft hat bereits Beschwerde gegen den Beschluss der Vergabekammer eingereicht. Über die Sache muss nun das Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG) entscheiden.