Berliner Apotheken dürfen seit vier Jahren am heutigen Internationalen Frauentag geschlossen bleiben. Seit 2019 ist der 8. März ein gesetzlicher Feiertag in der Hauptstadt – entsprechend listet die Apothekerkammer die notdiensthabenden Apotheken auf. Auch die Hauptstadt Apotheke hat geschlossen, beliefert aber trotzdem Bestellungen über die App Mayd.
In Berlin haben heute der Kammer zufolge rund 30 Apotheken Notdienst. Im Bezirk Spandau werden zwei Betriebe – die Märkische Apotheke Kladow und die Engel-Apotheke – aufgelistet. Die Hauptstadt Apotheke von Jana Schreiber liegt ebenfalls in Spandau und hat heute für Laufkundschaft geschlossen. Online-Bestellungen werden dort jedoch für Nutzer der Liefer-App Mayd gepackt und an die Fahrer abgegeben.
Die Apotheke bewirbt den Feiertags-Service für die Kundschaft: „Trotz Feiertag könnt Ihr am 08.03.22 Medikamente über uns bestellen und wir liefern sie euch kostenlos nach Hause. Bestellt über die MAYD App“, heißt es etwa auf der Internetseite. Auch in den Sozialen Netzwerken wie Instagram oder Facebook wird auf den Lieferservice hingewiesen: „Ihr benötigt am #Feiertag noch dringend ein freiverkäufliches oder apothekenpflichtiges #Medikament? Über die App MAYD liefern wir Euch die Medikamente innerhalb von 30 min kostenlos nach Hause!“
Die Hauptstadt Apotheke bietet die Lieferung über die App heute von 8 bis 18 Uhr an. Danach werden Mayd-Kund:innen von anderen Partnerapotheken in der Hauptstadt bedient. Bereits am Morgen ist einiges zu tun, wenn die Bestellzahlen stark steigen, soll das Personal in Spandau aufgestockt werden. Gerade an den Wochenenden und Feiertagen sowie außerhalb der regulären Öffnungszeiten registrieren die branchenfremden Lieferdienste zahlreiche Auftragseingänge, die an die Apotheken weitergespielt werden.
Die Branche boomt, was sich auch in der Ausbreitung des Angebots auf kleinere Ziele zeigt. Längst sind nicht mehr nur Großstädte wie Berlin, Hamburg oder München attraktiv für die Unternehmen. Mayd kooperiert auch mit Apotheken in Frankfurt am Main, Köln, Düsseldorf, Hannover und Mannheim. Vor etwa einer Woche kam als neueste Stadt Bonn dazu – allerdings nicht von 8 bis 24 Uhr wie in Berlin. Dort packen die Partner die Aufträge „nur“ von 8 bis 22 Uhr und auch am Sonntag ruht der Service. Mitte März sollen weitere Städte wie Dortmund und Essen folgen. Für die geplante Expansion wurden Anfang des Jahres 30 Millionen Euro bei einem US-Investor eingesammelt.
Die neue Versorgungsform etabliert sich – und auch wenn sie innerhalb der Apothekenbranche umstritten ist. Auch die Inhaberin der Hauptstadt Apotheke ist sich bewusst, dass sie mit ihrem Angebot in der Kollegenschaft anecken könnte. Kritik an dem Geschäftsmodell kommt auch von der eigenen Standesvertretung: Abda-Präsidentin Gabriele Overwiening warnt die Apotheken vor einer Beteiligung. Letztlich werde das Geschäft mit dem Geld und den Daten der Apotheke gemacht, die dabei in der Wahrnehmung bei den Kund:innen auch noch in den Hintergrund gedrängt werde.
Doch solche Appelle zur Geschlossenheit im eigenen Berufsstand hatten es schon bei anderen Gelegenheiten schwer. Gerade bei den Lieferdienstprojekten werden nicht viele teilnehmende Apotheken benötigt – und die finden sich gerade in Großstädten eigentlich immer. Und offenbar wollen auch etliche Kund:innen die Produkte sehr schnell und am liebsten, ohne das Haus zu verlassen. Der reguläre Botendienst der Apotheken gerät dadurch unter Druck, ebenso der Versandhandel.
Und auch die Mayd-Partner kommen mitunter an ihre Grenzen, weshalb das junge Unternehmen auch PTA anstellt, um die Partner zu unterstützen. In der Hauptstadt kam eine Apotheke bereits an ihre Belastungsgrenze – insbesondere an den Wochenenden oder Abenden, standen die Mayd-Fahrer Schlange, um die Produkte abzuholen. Auch aktuell kann das Firmenversprechen, die Ware in 30 Minuten zur Kundschaft zu bringen, nicht erfüllt werden. Die App informiert die Kund:innen, dass die Lieferung in den Bezirk Charlottenburg etwa in circa 50 Minuten eintreffen soll.
Mayd wurde im April 2021 gegründet und beschäftigt rund 100 Mitarbeiter:innen sowie 350 Fahrer:innen, die allerdings über verschiedene als UG firmierende Tochtergesellschaften angestellt sind. Über die App können Verbraucher:innen kostenfrei OTC- und Freiwahlprodukte bestellen – sie geben ihre Postleitzahl ein und bekommen eine Apotheke vorgeschlagen, die je nach Möglichkeit geändert werden kann. Anders als andere Plattform nimmt Mayd nur wenige ausgewählte Partner an Bord. Die Apotheke bearbeitet den Auftrag und gibt die Bestellung an Fahrer von Mayd ab. Die Berliner Firma verspricht den Endkund:innen, die Ware innerhalb von 30 Minuten zu liefern.
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