„Apotheken vom Internet bedroht!“ So betitelte kürzlich die Magdeburger „Volksstimme“ ihren Bericht über die Bedrohung der Vor-Ort-Apotheken durch den Versandhandel. Grundlage war eine Mitteilung der Apothekerkammer Sachsen-Anhalt. So weit so gut. Nur: Über dem Text prangte eine Werbung der Versandapotheke Apotal. Apotheker Dr. Sebastian Baehs von der Stadt-Apotheke in Starnberg fiel die Sache auf. Der Verlag entschuldigt sich für den „Fauxpas“.
„Wäre es nicht so bedrohlich, es wäre schon wieder lustig“, findet Baehs, „da berichtet eine Lokalzeitung über die Probleme der Apotheker mit dem Versandhandel und schaltet darüber eine Anzeige eines großen Versenders...“ Natürlich weiß der Apotheker, dass die Ursache im modernen Internetmarketing zu suchen ist. Wer mehrfach nach einen bestimmten Begriff sucht, erhält irgendwann dazu themenbezogenen Werbung eingespielt.
Dem Verlag ist der „Fauxpas“ peinlich, liefert aber auf Nachfrage die gleiche Erklärung: „Online-Werbung kann nach Keywords im Text ausgespielt werden. Hier bietet der Werbetreibende auf entsprechende Keywords (hier beispielsweise online und Apotheke), und die Werbung wird bei solchen Inhalten ausgeliefert.“
Online-Werbung könne auch nach Surfverhalten des Nutzers ausgespielt werden: Wenn der Nutzer regelmäßig auf Seiten mit bestimmten Themen unterwegs sei, werde ihm eine Werbung dazu auch auf anderen Seiten angezeigt. „Dadurch, dass niemand das manuell überprüfen kann – bei der Vielzahl in redaktionellen Texten nicht mehr möglich – passieren solche Fauxpas“, so der Verlag. Ähnlich sei dies tatsächlich auch in den Printobjekten: Die Kollegen, die die Seiten planten und die Anzeigen platzierten, sähen nicht die tatsächliche Anzeige, sondern nur graue Felder.
Apotheker Baehs liest im bayerischen Starnberg natürlich nicht die Magdeburger Volksstimme – auch nicht die Online-Ausgabe. Allerdings lässt er sich über Google einen Newsletter mit Apothekenthemen schicken. Und dort hat er den Text gefunden. Auch weil er an Magdeburg interessiert ist. Schließlich wurde er dort einmal geboren und pflegt noch gute Kontakte zu seinen alten Bekannten, darunter auch Apotheker.
Apotheken auf dem Land seien nach Auffassung der Apothekerkammer durch den Rx-Versand in ihrer Existenz bedroht, hieß es im Beitrag. „Vor allem Apotheken in kleineren Städten und im ländlichen Raum geraten durch den wettbewerbsverzerrenden ausländischen Versandhandel unter Druck", erklärte Kammerpräsident Jens-Andreas Münch. Während ausländische Versandhandelskonzerne verschreibungspflichtige Medikamente mit Rabatt verkaufen dürften, müssten sich deutsche Apotheken an die bundesweit gültige Preisbindung halten.
Feste Arzneimittelpreise seien jedoch wichtig für eine hohe Qualität der Arzneimittelversorgung, betonte Münch. So müssten Apotheken Arzneimittel in ausreichender Menge vorrätig haben und zu ihnen beraten, individuelle Rezepturen herstellen, den Notdienst absichern und daneben noch weitergehende Gesundheitsdienstleistungen wie Blutdruckmessung oder Blutuntersuchungen anbieten.
„Apotheken dürfen für alle diese Aufgaben nur qualifiziertes Fachpersonal beschäftigen“, erklärte der Kammerpräsident. Für ausländische Versender gelte weder deutsches Recht noch sei bekannt, ob sie in irgendeiner Weise einer behördlichen Kontrolle unterliegen.
In Sachsen-Anhalt versorgen nach Angaben der Kammer derzeit 598 öffentliche Apotheken die Bevölkerung mit Arzneimitteln. Sie sicherten damit die flächendeckende Versorgung rund um die Uhr, im Notfall auch nachts, am Wochenende und an Feiertagen. Zudem werden in Sachsen-Anhalt rund 140 sogenannte Rezeptsammelstellen von öffentlichen Apotheken betrieben. „Jeder Patient kann sich auf diese Weise von einer Apotheke aus der Region versorgen lassen.“
Um dieses Angebot aufrecht erhalten zu können, fordern die Apotheker von der Politik, den Rx-Versandhandel zu verbieten. „Wird die Ungleichbehandlung von vor-Ort-Apotheke und Versandhandel nicht in absehbarer Zeit durch den Gesetzgeber beendet, droht den Apotheken auf dem Lande zuerst das Aus“, mahnte Münch. Denn nur mit der Versorgung für den Notfall, zum Beispiel für das Schmerzmittel in der Nacht oder das schnell verfügbare Antibiotikum für das kranke Kind, könne keine Apotheke auf Dauer überleben.
APOTHEKE ADHOC Debatte