Abnehmspritze

FAQ: Wegovy

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Berlin -

Abspecken und das Gewicht dann auch halten: Das versprechen bestimmte Abnehmspritzen. Nach einem Hype in den USA kommen sie nun auch in Deutschland auf den Markt. Was kann „Wegovy“ – und für wen ist es gedacht?

Schluss mit Jo-Jo-Effekt und Kilofrust? Ein appetitzügelndes Medikament stellt adipösen und manchen übergewichtigen Menschen eine Gewichtsabnahme und -kontrolle in Aussicht. Ärztinnen und Ärzte in Deutschland können die Spritzen zur Eigenanwendung ab heute verschreiben. Dazu Fragen und Antworten.

Um was für ein Präparat geht es?

Um „Wegovy“, ein verschreibungspflichtiges Medikament zum Abnehmen und Halten des Gewichts. Erhältlich ist es bislang in den USA, Dänemark und Norwegen. Ab heute können Ärzte es nach Angaben des Herstellers Novo Nordisk auch in Deutschland Patienten mit Adipositas verschreiben, Apotheken können es dann auch ab Ende der Woche beim Großhandel bestellen. Novo Nordisk rechnet mit einer hohen Nachfrage und einem begrenzten Angebot.

Wie funktioniert es?

Patienten können sich „Wegovy“ aus einem Fertigpen, der ein bisschen aussieht wie ein Textmarker, einmal pro Woche selbst unter die Haut spritzen: am Bauch, Oberschenkel oder Oberarm. An der Injektionslösung mit dem Wirkstoff Semaglutid hat sich in den USA auch wegen so mancher Promi-Äußerung großes Interesse entwickelt. Novo Nordisk spricht von Hunderttausenden Nutzern.

Für welche Patienten kommt „Wegovy“ in Frage?

Gedacht ist das Präparat für Erwachsene mit einem Body-Mass-Index (BMI) ab 30, also Adipositas. Der BMI wird aus Größe und Gewicht errechnet. Wer als Mann zum Beispiel 1,80 Meter groß ist und 100 Kilo wiegt, überschreitet die 30er-Marke knapp. Daneben kann das Mittel auch bei Übergewichtigen (BMI ab 27) mit mindestens einer gewichtsbedingten Begleiterkrankung wie Diabetes Typ 2 eingesetzt werden. Und bei Jugendlichen ab einem Alter von 12 Jahren mit Adipositas oder einem Gewicht von mehr als 60 Kilo. Die Spritzen allein sollen es allerdings bei keiner dieser Gruppen richten: Sie sollen vielmehr eine Ergänzung zu Diät und Sport sein.

Wie funktioniert der Wirkstoff?

Semaglutid ahmt die Wirkung des körpereigenen Hormons GLP-1 nach. „Es wird im Gehirn sozusagen der Impuls gesetzt, dass man satt sei“, sagt der Präsident der Deutschen Adipositas-Gesellschaft, Jens Aberle. Klinischen Studien zufolge reduziere der Wirkstoff die Energieaufnahme und steigere das Sättigungs- und Völlegefühl, heißt es in einem Papier der EU-Arzneimittelbehörde EMA. Hungergefühle würden vermindert, Heißhungerattacken seltener und weniger stark. Wer zu häufig einen Jieper auf Pommes und dergleichen hat, kann diesen offenbar auch in den Griff bekommen: Die Vorliebe für besonders fetthaltige Nahrungsmittel werde verringert.

Wie ist die Erwartungshaltung in Deutschland?

„Die Nachfrage ist nach wie vor riesig“, sagt Endokrinologe Aberle. Das betreffe “Wegovy“, aber auch das oft in einem Atemzug genannte Diabetes-Medikament „Ozempic“ mit geringerer Semaglutid-Dosis. „Ozempic“ ist zwar nicht als Abnehmpräparat zugelassen, es kann im sogenannten Off-Label-Use aber auch zu dem Zweck abgegeben werden. Auch vor dem Hintergrund traten Lieferengpässe auf. Laut Aberle hat der Hersteller 200.000 „Wegovy“-Pens für das zweite Halbjahr in Deutschland gesichert: „Das ist gut bemessen, damit könnte man eine erhebliche Zahl von Patienten versorgen.“

Wie viel und wie schnell kann man damit abnehmen?

Laut einer Studie im „New England Journal of Medicine“ mit insgesamt fast 2000 Teilnehmern hatten „Wegovy”-Probanden nach 68 Wochen im Schnitt 15 Prozent abgenommen. Die Vergleichsgruppe erreichte mit einem Scheinmedikament nur einen Verlust von gut zwei Prozent. Von der Anwendung durch Normalgewichtige, die zum Beispiel vor einem Strandurlaub ein paar Pölsterchen loswerden wollen, raten Fachleute klar ab. Das Verhältnis von Nutzen und Risiko stimme dann nicht. „Ein gewissenhafter Arzt würde Normalgewichtigen das Mittel nicht verschreiben“, sagt Aberle. Hinzu kommt die Gefahr, dass Kranke schwerer oder nicht an ihre Medikamente kommen, wenn es einen übermäßigen Run darauf durch Gesunde gibt.

Wer trägt die Kosten?

Kassenpatienten in Deutschland, die „Wegovy“ nutzen möchten, müssen dafür zunächst selbst bezahlen. Insbesondere Arzneimittel, die der Abmagerung, dem Zügeln des Appetits und zur Regulierung des Körpergewichts dienen, sind nach bisherigen Regelungen von der Verordnungsmöglichkeit zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen. „Die Regelung wird hoffentlich bald geändert, so dass zumindest einige Adipositas-Patienten auf Kassenrezept damit versorgt werden können“, sagt Aberle. Die Deutsche Adipositas-Gesellschaft setzt sich für eine Kostenübernahme in Fällen ein, in denen „Wegovy“
medizinisch angezeigt ist, etwa wenn andere Therapieoptionen nicht helfen.

Was wird die Therapie kosten?

Novo Nordisk gibt den Apothekenabgabepreis einer 4-Wochen-Ration für die höchste Dosis (2,4 mg) mit gut 300 Euro an. Das sei zu viel für Selbstzahler, vor allem weil das Medikament nur so lange wirkt, wie es eingenommen wird, sagt Aberle. Der Mediziner rechnet in diesem Jahr auch noch mit Studienergebnissen zu der Frage, inwieweit „Wegovy“ beim Vorbeugen einiger Adipositas-Folgeerkrankungen hilft. Diese könnten womöglich Argumente für eine Kostenübernahme liefern.

Wie sehen mögliche Nebenwirkungen aus?

In bisherigen Studien berichteten Probanden am häufigsten von Übelkeit, Durchfall, Verstopfung und Erbrechen. Wegen derartiger
Magen-Darm-Nebenwirkungen soll die Dosis des Medikaments über mehrere Wochen bis auf 2,4 mg gesteigert werden. In vier klinischen Studien wurden 2650 Erwachsene mit „Wegovy“ behandelt, die Dauer betrug 68 Wochen. Der Hersteller nennt auf seiner Webseite auch noch mögliche Nebenwirkungen wie unter anderem Entzündungen der Bauchspeicheldrüse, Gallensteine, ein Risiko für niedrigen Blutzucker und Sehstörungen bei Typ-2-Diabetikern. Der Sicherheitsausschuss der EMA prüft zudem gerade Daten unter anderem zu „Wegovy“ über das Risiko von Selbstmordgedanken und Gedanken an Selbstverletzung. Allerdings ist laut EMA noch nicht klar, ob die gemeldeten Fälle mit den Arzneimitteln selbst oder mit den Grunderkrankungen der Patienten oder anderen Faktoren zusammenhängen.

Wer sollte „Wegovy“ nicht nehmen?

Für eine Reihe von Menschen mit bestimmten Erkrankungen ist die Wirksamkeit nicht untersucht, etwa bei Diabetes Typ 1. Während der Schwangerschaft und Stillzeit darf das Präparat nach EMA-Angaben nicht verwendet werden. Wer ein Kind bekommen wolle, müsse Semaglutid mit einem Vorlauf von mindestens zwei Monaten absetzen. Laut Hersteller sollen auch jene Menschen „Wegovy“ nicht bekommen, die schon selbst oder in der Familie eine bestimmte Form von Schilddrüsenkrebs hatten. Das gelte auch bei ernsten allergischen Reaktionen auf Semaglutid oder andere Inhaltsstoffe. Der Hersteller weist außerdem darauf hin, dass das Medikament die Wirkweise anderer Medikamente beeinflussen könne, weil es die Magenentleerung verlangsame.

Gibt es Alternativen?

Weitere ähnliche Medikamente dürften hinzukommen, erwartet Aberle. Spätestens Anfang 2024 könnte nach seinen Worten etwa das Typ-2-Diabetes-Medikament „Mounjaro“ auch für den Einsatz gegen Adipositas zugelassen werden. Es sei in der Adipositas-Therapie nach bisherigen Erkenntnissen noch wirksamer als „Wegovy“. Weitere Wirkstoffe seien in der Entwicklung.

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