Exportgeschäfte unter der Akropolis Janina Rauers, 29.01.2010 15:32 Uhr
Seit 30 Jahren liefern Griechenlands Pharmagroßhändler Arzneimittel nicht nur an Apotheken, sondern auch - und teilweise überwiegend - an Abnehmer in anderen europäischen Staaten. Die goldenen Zeiten der Branche scheinen vorbei zu sein: Seit 2004 schrumpfen die Umsätze aus dem Exportgeschäft. Den Pharmaherstellern ist es gelungen, die Lieferwege besser zu kontrollieren.
2008 wurden nach Angaben der griechischen Arzneimittelaufsicht Medikamente im Wert von rund 450 Millionen Euro exportiert - das sind rund 11 Prozent des Gesamtmarkts. Noch vier Jahre zuvor war das Auslandsgeschäft der Pharmahändler doppelt so groß, also rund eine Milliarde Euro. Rund 450 verschiedene Medikamente kommen für den grenzüberschreitenden Handel infrage, wobei knapp 70 Präparate den Großteil des Exportvolumens ausmachen. Ob ein Arzneimittel ins Ausland verkauft wird, hängt alleine vom Preisunterschied ab.
Vor allem nach Deutschland und Großbritannien gehen die Lieferungen. Weitere wichtige Ziele sind die skandinavischen Länder, Österreich sowie die Niederlande, aber auch Polen, Italien und Spanien. Wie viel in welche Länder exportiert wird, hüten die Firmen als Geschäftsgeheimnis.
Im Prinzip verdient jeder der rund 130 privaten und 27 genossenschaftlichen griechischen Großhändler am Verkauf an ausländische Abnehmer. Doch nur wenige Firmen - knapp zehn Anbieter, alle aus Athen oder Thessaloniki - haben sich auf das Exportgeschäft spezialisiert. Sie kaufen bei den Herstellern, aber auch bei ihren Mitbewerbern. Ist genügend Ware zusammengekommen, greifen sie zum Hörer und rufen ihre internationalen Kontakte an.
Das Unternehmen M.D. Katsikas aus Athen gehört zu den Spezialisten in Sachen Parallelexport. Aus einer Pharmagroßhandlung hervorgegangen, gehört die Firma nach eigenen Angaben zu den Pionieren der Branche. Ende 1983 waren einer Bekannten von Firmenchef Nicholas Katsikas in Großbritannien die hohen Arzneimittelpreise aufgefallen. Mit ihrer Hilfe schloss Katsikas seine ersten Auslandsgeschäfte ab.
Zehn Jahre später erhielt der Parallelexport einen massiven Wachstumsschub - ausgerechnet dank der Hilfe eines Pharmakonzerns: Der damalige Chef der griechischen Landesgesellschaft von GlaxoSmithKline (GSK) habe den Großhändlern Präparate in großen Mengen zur Verfügung gestellt, um seine eigenen Abverkaufszahlen zu steigern, berichtet Irene Markaki, Vize-Präsidentin des griechischen Großhändlerverbandes.
Doch offenbar wurden die griechischen Pharmamanager zurück gepfiffen: Im Jahr 2000 stellte GSK die Belieferung der Großhändler ein und startete das Direktgeschäft mit Apotheken und Kliniken. Zwar wurden Anfang 2001 wieder bestimmte Kontingente zur Verfügung gestellt, doch Großhändler und Apotheker hatten die griechische Wettbewerbskommission eingeschaltet.
Einige Jahre später landete der Fall vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH). Die EU-Richter räumten der Industrie Spielräume ein, um ihre wirtschaftlichen Interessen zu schützen. Die konkrete Ausgestaltung überließ der EuGH aber den Behörden der Mitgliedsstaaten. In Griechenland wurden die Lieferbeschränkungen in der bestehenden Form schließlich gerichtlich bestätigt.
Die Exporteure fühlen sich von den Herstellern unter Druck gesetzt: Neben Kontingentierungen nutze die Pharmaindustrie zunehmend Direktbelieferungen, um die Großhändler zu umgehen, so Markaki. Schätzungen zufolge macht das Direktgeschäft heute 15 Prozent des Marktes aus - Tendenz steigend. Der Schaden für die Großhändler überwiege die Verluste der Hersteller durch Parallelexporte, ist die Großhändlerin überzeugt: „Die Hersteller picken sich bei Direktbelieferungen die Rosinen heraus.“ Für die Großhändler blieben schwer verkäufliche Medikamente, die hohe Lagerkosten verursachten.
Wachsende Generikaquoten und Wechselkursabhängigkeiten lassen das griechische Exportvolumen ebenfalls sinken: Als 2009 britische Bestellungen aufgrund des schwachen Pfunds beinahe vollkommen ausblieben, brach der griechische Export noch einmal erheblich ein.
Als überholtes Geschäftsmodell sehen die griechischen Großhändler den Export aber nicht: Solange es in der EU Preisgefälle zugunsten griechischer Medikamenten gebe, lohne sich das Geschäft, so Markaki.