EuGH-Urteil stärkt Fremdbesitzverbot APOTHEKE ADHOC, 12.03.2018 08:06 Uhr
Ein aktuelles Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) dürfte den Gegnern des Fremdbesitzverbotes den Wind aus den Segeln nehmen.
Als der EuGH 2016 die Rx-Preisbindung kippte, fürchteten Beobachter angesichts der Begründung, dass dies auch das Fremdbesitzverbot ins Wanken bringen könnte. Um den freien Arzneimittelverkehr zu beschränken, müssten nicht nur sachliche Gründe vorliegen, so die Richter. Es müsse durch objektiv nachprüfbare Daten bewiesen werden, dass die Maßnahme geeignet ist. Die befürchtete Auswirkung auf das Fremdbesitzverbot: Der Eingriff sei nur dann noch gerechtfertigt, wenn die Bundesrepublik ihre Behauptung, dadurch das Gesundheitsniveau zu erhalten, durch empirische Daten belegen könne.
Der Fall, der aktuell vor dem EuGH verhandelt wurde, hatte eigentlich auch nichts mit dem Fremdbesitzverbot für Apotheken zu tun. Es ging um ein rumänisches Gesetz, wonach nur Tierärzte Tierarzneimittel und „biologische sowie parasitenabwehrende Produkte zur speziellen Verwendung“ vertreiben dürfen. Der EuGH sollte klären, ob dies mit dem EU-Recht vereinbar sei.
Der Gerichtshof bestätigte, dass der Schutz der öffentlichen Gesundheit wichtig ist. Um ihn aufrecht zu erhalten, räumten die Richter dem nationalen Gesetzgeber breites Ermessen ein. Von empirischen Beweisen für die Notwendigkeit der Maßnahme war keine Rede. Die Medizinkanzlei Möller & Partner geht davon aus, dass mit dieser Argumentation auch das Fremdbesitzverbot einer Überprüfung auf EU-Ebene standhalten wird, ohne dass empirische Daten vorgelegt werden müssen.
Andere europäische Länder haben ebenfalls ein Fremdbesitzverbot für Apotheken. In Polen wurde es erst vergangenen Sommer zusammen mit einem Mehrbesitzverbot eingeführt. Die neue Regelung betrifft nur neue Apotheken. Durch die neue Regelung wird die Anzahl der Apotheken pro Inhaber auf vier begrenzt. Die Ketten dürfen nicht größer werden. Ohne Novellierung des Apothekengesetzes hätte es in einigen Jahren nur noch drei bis vier Apothekenketten auf den polnischen Markt gegeben, so Piotr Bohater, Vizepräsident der Niederschlesischen Apothekenkammer.
Laut Statistiken gehören 35 Prozent der etwa 15.000 Apotheken in Polen zu einer Kette mit mehr als fünf Filialen. Die vier größten Ketten sind Dbam o Zdrowie mit 600 Filialen (PGF/Pelion), Dr. Max mit 360 Filialen (Penta) sowie Farmacol mit 200 und Grupa Bliska Apteka mit 113 Filialen. Insgesamt gibt es ein Dutzend Ketten mit mehr als 50 Filialen. Der polnische Apothekenmarkt ist intransparent. Oft lässt sich im Einzelnen nicht klarstellen, wer die Inhaber der Apotheken sind.
Etwa zeitgleich mit der Einführung des polnischen Fremdbesitzverbotes fiel die Regulierung in Italien. Bislang sind aber noch keine größeren Apothekenketten an den Start gegangen. Die Branche wartet ab – vor allem auf ein neues Steuergesetz. Derzeit müssten Konzerne Gewinne aus dem Verkauf sofort versteuern. Ein Gesetz, das ihnen analog zu Kapitalgesellschaften die Möglichkeit gibt, die Gewinne zunächst zu „parken“, ist in Vorbereitung.