„Sonst gehen wir alle nach Holland“, drohte der ehemalige Sanicare-Chef Johannes Mönter schon 2010 im Zusammenhang mit den Rx-Festpreisen. Passiert ist seitdem nichts. Nach dem EuGH-Urteil drohen die deutschen Versender jetzt erneut mit einer Abwanderung ins Ausland.
„Viele deutsche Versandapotheker sondieren bereits grenznahe Standorte in Holland und sprechen mit Maklern, um Immobilien zu erwerben“, sagte Christian Buse, Mycare-Chef und Vorsitzender des Bundesverbandes Deutscher Versandapotheken (BVDVA) gegenüber der Wirtschaftswoche. Man müsse so handeln: „Unsere Kunden fragen bereits häufig nach den Boni.“
Man hoffe, dass der Gesetzgeber zeitnah die Ungleichbehandlung beende. „Viel länger als ein halbes Jahr lässt sich die derzeitige Situation nicht aushalten.“ Nicht verstehen will er die Klagen der Vor-Ort-Apotheker. Diese hätten genügend Einnahmemöglichkeiten: „Sie erhalten inzwischen ja auch zusätzliche Entgelte für Notdienst, die Anfertigung von Rezepturen und die Ausgabe von Medikamenten, die dem Betäubungsmittelgesetz unterliegen.“
Laut Wirtschaftswoche treibt Aponeo eine Verlagerung voran: „Es gibt Pläne, unseren Sitz nach Holland zu verlagern. In den grenznahen Regionen Hollands haben wir bereits einige Lagerhallen, in den wir unsere Logistik unterbringen könnten, ins Visier genommen“, zitiert das Blatt den kaufmännischen Leiter Hartmut Deiwick. „Ein Großteil unserer 80 Mitarbeiter müsste dann umziehen.“
Eine Verlagerung hält Deiwick für wirkungsvoller als seine langwierige juristische Auseinandersetzung: „Natürlich könnten wir auch gegen das EuGH-Urteil klagen. Aber das ist zu zeitaufwändig und würde zwei bis drei Jahre dauern. Hinzu kommt das finanzielle Risiko.“ Viele andere Versandhändler, so Deiwick, würden da ähnlich denken.
Eigentlich hatten die deutschen Versandapotheken einen gemeinsamen Angriff auf die Preisbindung geplant: Weil sie sich nach dem EuGH-Urteil zu Rx-Boni im Nachteil gegenüber ausländischen Versendern sehen, wollten sie Fakten schaffen. Einer von ihnen – voraussichtlich Aponeo – sollte unzulässigerweise Rx-Boni anbieten und sich von den anderen verklagen lassen. „Wir wollen auf jeden Fall aktiv werden, wir können nicht auf den Gesetzgeber warten“, sagte Deiwick damals.
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