EuGH: Reimport muss nicht gefallen Patrick Hollstein, 24.11.2022 13:44 Uhr
Reimporteure müssen damit leben, dass ihre Produkte von den Verbraucherinnen und Verbrauchern als solche erkannt werden. Dazu gehören auch das Überkleben ausländischer Packungen, das Öffnen und Wiederverschließen sowie das Überkleben des Securpharm-Codes. Erst wenn die Grenze der Zumutbarkeit erreicht ist, könnte das Umverpacken in einen neuen Karton zulässig sein, hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einem Streit zwischen Novartis und Abacus entschieden.
Unter Rückgriff auf ihre Markenrechte können Originalhersteller den Parallelimporteuren ihrer Produkte untersagen, dass diese die Ware in eigene Umkartons verpacken. Daher sind überklebte Packungen derzeit die Regel, was natürlich nicht im Interesse der Zwischenhändler ist: Einerseits ist die Konfektionierung viel aufwändiger, andererseits sehen „zusammengeflickte“ Packungen schnell zweitklassig aus. Noch schlimmer wird es, wenn versiegelte Umkartons geöffnet werden müssen.
Die Reimporteure argumentieren, dass das Veto der Originalhersteller gegen das Umverpacken zu einer künstlichen Abschottung der Märkte führt. Außerdem müssten die geforderten Fälschungsschutzsiegel sicher vor Manipulation sein, was nur per Aufdruck auf die Primärpackung zu erreichen sei.
Das sah der EuGH nicht so: Laut EU-Richtlinie dürften Sicherheitsmerkmale vom Inhaber der Herstellungserlaubnis durch „gleichwertige“ Sicherheitsmerkmale ersetzt und der Umkarton nach diesem Wortlaut daher erneut verwendet werden. Dass dabei sichtbare Öffnungspuren auf dieser Umhüllung zurückblieben, sei kein Problem, solange Großhändler und Apotheken diese zweifelsfrei auf das Umpacken des Arzneimittels durch den Parallelimporteur zurückführen könnten.
Vermutung reicht nicht
Nur wenn die Vorbehalte seitens der Verbraucher so groß wären, dass sie ein Hindernis für den tatsächlichen Marktzugang darstellten, könnte der Einspruch seitens des Originalherstellers anders zu bewerten sein. Dies müsse aber für jeden Einzelfall geprüft werden. Mit anderen Worten: Nur in Ausnahmefällen, für die der Parallelhändler die Beweislast trägt, ist ein Neuverpacken zulässig. Eine allgemeine Vermutung seitens des Reimporteurs, dass es Vorbehalte gegen überklebte Ware geben könnte, genügt laut EuGH nicht.
Der indivuelle Sicherheitscode für den Reimport muss laut EuGH auch nicht auf der Umverpackung aufgedruckt sein. Er könne vielmehr auch mittels Klebeetikett aufgebracht werden, „sofern dieses Etikett nicht ohne Beschädigung entfernt werden kann und insbesondere der Barcode entlang der gesamten Lieferkette und während des gesamten [...] Zeitraums einwandfrei lesbar bleibt“.