EuGH-Urteil zu Plattformen

Amazon: Apotheke braucht Datenfreigabe

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Berlin -

Amazon darf OTC-Bestellungen für Apotheken annehmen – allerdings muss der Kunde der Datenverarbeitung ausdrücklich zugestimmt haben. Laut Europäischem Gerichtshof (EuGH) handelt es sich nämlich um Gesundheitsdaten, die die Plattformbetreiber nichts angehen: „Der Verkauf apothekenpflichtiger Arzneimittel über das Internet erfordert die ausdrückliche Einwilligung des Kunden in die Verarbeitung seiner Daten, auch wenn es sich um nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel handelt.“ Und: Verstöße können wettbewerbsrechtlich geahndet werden.

Laut EuGH stellen die von den Kunden bei der Bestellung eingegebenen Daten – wie Name, Lieferadresse und für die Individualisierung der Arzneimittel notwendigen Informationen – Gesundheitsdaten im Sinne der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) dar. Dabei spielt es keine Rolle, dass der Verkauf dieser Arzneimittel keiner ärztlichen Verschreibung bedarf.

„Aus diesen Daten kann nämlich mittels gedanklicher Kombination oder Ableitung auf den Gesundheitszustand einer identifizierten oder identifizierbaren natürlichen Person geschlossen werden, da eine Verbindung zwischen dieser Person und einem Arzneimittel, seinen therapeutischen Indikationen und Anwendungen hergestellt wird, unabhängig davon, ob diese Informationen den Kunden oder eine andere Person betreffen, für die der Kunde die Bestellung tätigt“, so der EuGH.

Folglich sei es unerheblich, dass ohne ärztliche Verschreibung Arzneimittel nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit und nicht mit absoluter Sicherheit für die Kunden bestimmt sind, die sie bestellt haben. „Nach der Art der Arzneimittel und danach zu differenzieren, ob ihr Verkauf einer ärztlichen Verschreibung bedarf, liefe dem mit der DSGVO verfolgten Ziel eines hohen Schutzniveaus zuwider.“

Laut EuGH ist daher eine Zustimmung erforderlich: „Der Verkäufer muss diese Kunden daher klar, vollständig und in leicht verständlicher Weise über die spezifischen Umstände und Zwecke der Verarbeitung dieser Daten informieren und ihre ausdrückliche Einwilligung in diese Verarbeitung einholen.“

Außerdem stellt der EuGH klar, dass auch Mitbewerber gegen mutmaßliche Datenverstöße vorgehen können. Entsprechenden nationalen Vorschriften stehe die DSGVO nicht entgegen. „Im Gegenteil – dies trägt unbestreitbar dazu bei, die Rechte der betroffenen Personen zu stärken und ihnen ein hohes Schutzniveau zu gewährleisten. Im Übrigen kann sich dies als besonders wirksam erweisen, da so zahlreiche Verstöße gegen die DSGVO verhindert werden können.“

Der Münchener Apotheker Dr. Hermann Vogel Jr. hatte seinen Kollegen Michael Spiegel aus Gräfenhainichen verklagt. Der Inhaber der Linden-Apotheke bietet apothekenpflichtige Arzneimittel über Amazon an. Vogel hatte Verstöße gegen das Apothekenrecht sowie die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) geltend gemacht, da Rückschlüsse auf den Gesundheitszustand der Kund:innen möglich seien, ohne dass deren Einverständnis eingeholt worden sei.

Das Landgericht Dessau-Roßlau (LG) hatte der Klage stattgegeben, auch die Berufung vor dem Oberlandesgericht Naumburg (OLG) blieb ohne Erfolg. Zwar konnte Vogel mit seinen apothekenrechtlichen Bedenken nicht durchdringen, da das OLG den Verkauf über Amazon als eine zulässige Spielart des Versandhandels bewertete. Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte den Fall beim EuGH vorgelegt.

Generalanwalt Maciej Szpunar war in seinen Schlussanträgen zu einer anderen Einschätzung gelangt: Bei der Bestellung von apothekenpflichtigen, aber nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln würden keine „Gesundheitsdaten“ übermittelt, weil aus ihnen „nur hypothetische oder ungenaue Rückschlüsse auf den Gesundheitszustand der Person, die die Online-Bestellung vornimmt, gezogen werden können, was zu überprüfen Sache des vorlegenden Gerichts ist“.

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