DocMorris kann seine Rx-Boni nicht auch noch bei der Umsatzsteuer geltend machen. Dies hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden. Für die Versandapotheke ging es dem Vernehmen nach um einen zweistelligen Millionenbetrag.
In dem Verfahren geht es um die Frage, ob DocMorris seinen Umsatz um die an seine Kunden ausgeschütteten Rx-Boni kürzen und damit Mehrwertsteuer sparen kann. Während das zuständige Finanzamt dieses Vorgehen bei Umsätzen mit Privatkunden nicht beanstandet hat, ließ es die Sache bei Kassenpatienten nicht durchgehen. Denn diese Lieferungen sind als sogenannter innergemeinschaftlicher Erwerb steuerfrei – DocMorris liefert zum Nettopreis, die Kasse muss als Empfänger die Mehrwertsteuer entrichten.
Da also gar keine Steuern zu zahlen sind, wollte DocMorris die Aufwendungen stattdessen bei den Umsätzen im Selbstzahlerbereich als „negative innergemeinschaftliche Erwerbe“ in Abzug bringen und so am Ende die Steuerlast senken. Das Finanzamt lehnte dies ab: Eine Minderung der Bemessungsgrundlage nach § 17 UStG komme nicht in Betracht, weil kein Zusammenhang zwischen den an die Kassenpatienten gezahlten Prämien und den Umsätzen mit Selbstzahlern bestehe. Schon innerhalb des GKV-Bereichs seien Empfänger der Leistung (Kasse) und Empfänger der Prämie (Endkunde) nicht identisch.
Nachdem das Finanzgericht Düsseldorf die Klage von DocMorris abgewiesen hatte, ging der Fall vor den Bundesfinanzhof (BFH). Die Richter in München wollen die Sache vom EuGH klären lassen. Schon in seiner Vorlage führte der BFH tief ins Thema ein: So erklärten die Richter ausführlich das Dreiecksverhältnis zwischen Apotheke, Krankenkasse und Versichertem: Rechtlich erwirbt nämlich die Kasse das Medikament, um es im Rahmen des Sachleistungsprinzips dem Versicherten zu überlassen.
Genauso sah es der EuGH: Im Grunde gehe es um zwei verschiedene Lieferungen: nämlich die von der Apotheke an die Krankenkasse und die von dieser Kasse an die bei ihr versicherten Personen. Bei der ersten Lieferung handele es sich um eine innergemeinschaftliche Lieferung, die in den Niederlanden von der Steuer befreit ist. Daher sei die Krankenkasse als juristische Person verpflichtet, die Mehrwertsteuer zu entrichten. Die zweite Lieferung falle dagegen nicht in den Anwendungsbereich der Mehrwertsteuer. Daher verfüge DocMorris nicht über eine Steuerbemessungsgrundlage, die Gegenstand einer Berichtigung sein könnte, so der EuGH.
Auch dass DocMorris mangels Mehrwertsteuer im GKV-Bereich die zusätzlichen Ausgaben auf die im Bereich der Selbstzahler generierten Umsätze geltend machen wollte, ließen die Richter nicht gelten: „Wie sowohl das vorlegende Gericht als auch die Europäische Kommission zutreffend ausgeführt haben, ist es im Rahmen des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems jedoch ausgeschlossen, die Minderung der Steuerbemessungsgrundlage hinsichtlich eines Umsatzes auf die Berechnung der Steuerbemessungsgrundlage eines anderen Umsatzes anzurechnen.“
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