EU-Versender: Zwangsabschlag als Subvention? APOTHEKE ADHOC, 18.04.2018 14:06 Uhr
Der Zwangsrabatt ist aus gesundheitspolitischer Perspektive ein Sparinstrument. Für den Fiskus ist es hingegen eine Subvention, auf die Umsatzsteuer gezahlt werden muss. Der Fall einer Betriebskrankenkasse (BKK), deren Versicherte bei Versandapotheken in den Niederlanden bestellt hatten, landete beim Finanzgericht Münster. Die Richter sprachen die Kasse von der Zahlung auf nicht vorhandene Umsätze frei.
Die Versicherten der Kasse kauften Medikamente bei niederländischen Versandapotheken – und zwar so häufig, dass die Erwerbsschwelle von 100.000 Euro nach Umsatzsteuergesetz (UStG) überschritt. Da die Versandapotheken die Lieferungen nicht selbst versteuerten, musste die Krankenkasse die Umsatzsteuer in Deutschland abführen.
Das Finanzamt berechnete die Umsatzsteuer auf Basis der Verkaufspreise abzüglich Kassenabschlag und Herstellerrabatt. Letzteren rechneten die Prüfer aber wieder obendrauf. Denn sie sahen den Betrag nicht als Zwangsrabatt, der in der Lieferkette durchgereicht wird – sondern als Subvention seitens der Hersteller: Die Abzüge, die die Firmen den Versandapotheken erstattet hatten, wurden quasi als Zahlung von dritter Seite gewertet. Also wurde der komplette Verkaufspreis – abzüglich Apothekenabschlag – zugrunde gelegt.
Dabei bezogen sich die Finanzbeamten auf §10 Umsatzsteuergesetz (UStG). Hier heißt es: „Zum Entgelt gehört auch, was ein anderer als der Leistungsempfänger dem Unternehmer für die Leistung gewährt.“ Nach Logik des Fiskus waren damit die Beträge erfasst, die die Hersteller den Versendern erstattet hatten. Die Kasse sollte also auch auf diese nie gezahlten Beträge die volle Umsatzsteuer zahlen.
Gegen diese Erhöhung der Bemessungsgrundlage klagte die Kasse. Der Rabatt betreffe nicht die Geschäftsbeziehung zwischen Kasse und Versandapotheke, sondern lediglich die Geschäftsbeziehung zwischen Hersteller und Versandapotheke. Für die Kasse sei es bedeutungslos, wie die Apotheke ihren Preis ermittelt habe. Zudem wisse man nicht, wie viele Händlerstufen die Arzneimittel durchlaufen hätten, bevor sie an die Versicherten abgegeben wurden.
Das Finanzgericht Münster gab der Kasse recht. Die Herstellerrabatte seien keine Subvention der Medikamentenlieferungen von dritter Seite. Dafür fehle es an einem unmittelbaren Zusammenhang: Der Hersteller könne beim Verkauf an die Apotheke nicht wissen, ob seine Arzneimittel an privat oder gesetzlich Versicherte abgegeben würden.
Die Herstellerrabatte hätten eine sozialrechtliche Funktion: die Kassen hinsichtlich der Medikamentenkosten zu entlasten. Eine umsatzsteurrechtliche Bedeutung komme ihnen aber nicht zu. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.