EU-Versandapotheke: Verkauf nur über Phoenix Alexander Müller, 07.03.2018 10:36 Uhr
Die rund 50 beurlaubten Mitarbeiter der EU-Versandapotheke wurden nach Informationen von APOTHEKE ADHOC noch nicht darüber informiert, wie es nach dem Einstellen des Versandbetriebs für sie weitergeht. Dafür haben sich jetzt Anwälte im Auftrag von Phoenix bei potenziellen Kaufinteressenten gemeldet. Demnach hat die Inhaberin der EU-Versandapotheke, Dr. Bettina Habicht, schon vor Jahren eine Kaufpreisabtretung unterschrieben. Interessenten müssten sich also zunächst an den Mannheimer Großhändler wenden.
Das Versandgeschäft der Cottbuser Apotheke war schon am 23. Februar zusammengebrochen. Das Landesamt für Arbeitsschutz, Verbraucherschutz und Gesundheit (LAVG) hatte die Versanderlaubnis widerrufen. Am 28. Februar wurden alle Mitarbeiter aus dem Versandgeschäft vorerst beurlaubt. Diese sind bei der Beschäftigungsgesellschaft Equa Consulting angestellt, bei der Habichts Ehemann Sven Schumacher Geschäftsführer ist. Dem Vernehmen nach ist eine Insolvenz der Firma in Vorbereitung. Offiziell bestätigt ist dies allerdings noch nicht.
Zuletzt lief bei der EU-Versandapotheke nur noch eine automatische Ansage: „Unser Service ist bis auf Weiteres eingestellt, da uns rechtliche Auflagen dazu verpflichten. Wir sind gezwungen, vorerst keine Ware an Sie zuzustellen. Zu gegebenem Zeitpunkt und weiterer juristischer Erkenntnisse werden wir Sie über die nächsten Schritte informieren. Wir bitten Sie, aktuell von Serviceanfragen abzusehen.“ Seit Dienstag sind die Seiten der EU-Versandapotheke überhaupt nicht mehr zu erreichen. Zuvor war zumindest noch eine Wartungsseite angezeigt worden. Die Zugriffsrechte auf die Domains hat Habicht offenbar schon nicht mehr.
Auch um die EU-Versandapotheke selbst soll es finanziell nicht gut bestellt sein. Von Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit sprechen Insider. Demnach sollen mehrere tausend Kunden zwar gezahlt, aber nie Medikamente erhalten haben. Von offenen Rückerstattungen in sechsstelliger Höhe ist die Rede. Habicht gibt keine Stellungnahmen mehr ab.
Angesichts der Zustände und der bei der Aufsichtsbehörde bekannten Missstände gilt es ausgeschlossen, dass der Betrieb in Cottbus wieder aufgenommen wird. Daher spekulieren Konkurrenten auf einen Verkauf – rechtlich sicherer am liebsten aus einer Insolvenzmasse. Der Wert der Domains dürfte allerdings in den vergangenen Monaten deutlich gefallen sein. Google schlägt zur Autovervollständigung beim Suchbegriff „EU-Versandapotheke“ prominent „Probleme“, „Lieferschwierigkeiten“ und „Lieferzeit“ vor.
Trotzdem gibt es offenbar Interessenten für den Kundenstamm und die Bestellhistorie in der Datenbank. Beides kann bei einem Verkauf nur mit Einverständnis der Kunden weitergegeben werden. Habicht und Schumacher sollen bereits Mitbewerber angesprochen haben.
Aus diesem Grund ist jetzt Phoenix aktiv geworden: Im Auftrag des Großhändlers wurden mehrere potentielle Interessenten für eine Übernahme angeschrieben. Phoenix hat demnach offene Forderungen in Höhe von 5,4 Millionen Euro zuzüglich Zinsen und Kosten. Da die Angeschriebene offenbar beabsichtigten, von Habicht die EU-Versandapotheke oder Teile davon zu erwerben, weist Phoenix auf eine Abtretungsvereinbarung mit der Inhaberin hin.
Habicht soll bereits am 9. Dezember 2013 sämtlichen Ansprüche aus dem Verkauf des Versandgeschäfts der Apotheke an der Priormühle (jetzt Apotheke am Telering) an Phoenix abgetreten haben. Diese Abtretung umfasse insbesondere den Kaufpreis für den Firmenwert, Kundenstamm und -dateien sowie Warenlager und Einrichtung.
Phoenix hat diese Abtretung laut Schreiben angenommen, die im Fall von Zahlungen zu beachten sei. Zahlungen auf den Kaufpreis könnten daher mit befreiender Wirkung ausschließlich an Phoenix erfolgen, heißt es weiter. „Die Nichtbeachtung dieser Abtretung kann zu einer doppelten Inanspruchnahme auf Kaufpreiszahlung führen“, so die Warnung der Anwälte.
Der Großhändler steht wegen Forderungen auch noch mit Habicht vor Gericht. Der Großhändler fordert jene 5,4 Millionen Euro von der Apothekerin, die selbst Gegenforderungen in Höhe von inzwischen 6,1 Millionen Euro erhebt. Das Landgericht Cottbus hat in dem Millionenstreit mit Phoenix noch Gesprächsbedarf. Der erste Verkündungstermin wurde aufgehoben, am 17. April soll noch einmal verhandelt werden – womöglich dann unter vollkommen neuen Vorzeichen.