EU-Versandapotheke vs. Phoenix

Krach in Cottbus

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Berlin -

Dreieinhalb Jahre ist es her, dass Dr. Bettina Kira Habicht die Führung der EU-Versandapotheke übernommen hat. Sie hatte es ruhiger angehen lassen als ihr Vorgänger Kurt Rieder. Doch jetzt stehen die Zeichen in Cottbus auf Sturm: Mit dem langjährigen Partner Phoenix hat es gewaltig gekracht, man trifft sich vor Gericht. Der neue Standort wurde im Hauruck-Verfahren eröffnet, erschwerend hinzu kam ein personeller Aderlass. Zuletzt kämpfte die Versandapotheke auch mit rückläufigen Umsätzen.

Habicht hatte die Apotheke an der Priormühle samt Versandhandel Anfang 2014 übernommen. Sie kam aus Suhl und führt den Betrieb gemeinsam mit ihrem Ehemann Sven Schumacher, der als Betriebswirt vor allem die Zahlen im Blick hat. Am 28. Februar ordnete er für alle überraschend an, die angemieteten Räume bei Phoenix in der Gubenerstraße mit Sack und Pack zu verlassen.

In dem Streit geht es um angeblich unbezahlte Rechnungen. Seit März soll Habicht eine höhere siebenstellige Summe schuldig geblieben sein. Phoenix stellte die Belieferung ein und zog vor Gericht. Die erste Runde ging zugunsten der Apothekerin aus, im Herbst wird in einem zweiten Verfahren verhandelt. Habicht und Schumacher weisen die Forderungen von 5,5 Millionen Euro zurück – und machen ihrerseits Ansprüche in Millionenhöhe gegen den Großhändler geltend.

Dass es so weit kommen konnte, zeigt, wie schwer das Zerwürfnis zwischen Habicht und Schumacher auf der einen und Phoenix-Vertriebsleiter Franz Schrödl auf der anderen sein muss. Denn ohne den Großhändler war der Versandhandel bis dahin nicht vorstellbar: Die Apotheke hatte Räume bei Phoenix angemietet, in denen die Bestellungen bearbeitet, kontrolliert und versandfertig gemacht wurden. Das Konstrukt war bis dahin einzigartig; lange fürchteten die Partner, dass die Sache auffliegen könnte. Phoenix half einem ehemaligen Projektpartner zufolge kräftig mit, das Modell wasserdicht zu machen. Am Ende wurde es auch von der Behörde abgenommen.

Gerade noch rechtzeitig vor der Trennung von Phoenix hatten sich Habicht und Schumacher eine neue Bleibe gesucht. Ursprünglich war die Eröffnung einer neuen Apotheke im Hauptbahnhof vorgesehen, doch die Bauarbeiten zogen sich länger hin als erwartet. Kurz vor Weihnachten konnte am Telering ein neues Logistikzentrum samt Apotheke eröffnet werden. Innerhalb von anderthalb Monaten hatten die beiden Chefs mit Unterstützung des Beraters Detlev Bergner ein ehemaliges Verkaufshaus übernommen und umgebaut.

Zwischenzeitlich wurde es allerdings noch einmal eng, denn der Versandapotheke drohte das pharmazeutische Personal für die gesetzlich vorgeschrieben Endkontrolle auszugehen. Ehemalige Mitarbeiter machen den „mehr als unglücklichen Führungsstil“ dafür verantwortlich, dass seit Anfang des Jahres nahezu die gesamte Führungsspitze dem Unternehmen den Rücken kehrte. Schumacher sieht die Dinge anders: Die Auswechselung sei erfolgt, weil die Mitarbeiter „gegen uns gearbeitet haben“.

Die Turbulenzen schlugen sich auch im laufenden Geschäft nieder. Um 40 Prozent waren die Aufträge zeitweilig rückläufig – auch weil die Versandapotheke in einigen Indikationen die Preise angezogen haben soll. Die Einbußen sollen laut Schumacher inzwischen wieder aufgeholt worden sein: „Im Zuge des Lieferantenwechsels gab es Rückgänge“, räumt er ein. Inzwischen laufe das Geschäft wieder normal. „Eine Insolvenz steht derzeit definitiv nicht zur Debatte“, so Schumacher.

Krach gab es offenbar auch mit dem Vorbesitzer. An Kurt Rieder beziehungsweise an dessen Familie muss Habicht nach wie vor Nutzungsgebühren für Domain und Marke zahlen. Weil der Apotheker aus Schwaig bei Nürnberg und seine Frau selbst in Insolvenzverfahren sind, wurden die Vermögenswerte an die Tochter übertragen. Schumacher zweifelt, dass das sauber lief.

Rieder war in den 1990er Jahren aus dem Fränkischen nach Cottbus gekommen und hatte gemeinsam mit seiner Filialleiterin und Interims-Inhaberin Kerstin Thierfelder die EU-Versandapotheke aufgebaut. Mit dabei war Dr. Karl-Heinz Blüher, der 25 Jahre lang Geschäftsführer des Bundesverbands Deutscher Apotheker (BVDA) war. Als er um die Jahrtausendwende im Streit ging, nahm er nicht nur seinen Hut, sondern auch seine Kontakte mit.

Gemeinsam zogen die beiden das Modell der Clubmitgliedschaft auf: Blühers Verein Vivavita bot seinen Mitgliedern gratis den Erlass der Zuzahlung – bei einer unbegrenzten Anzahl von Rezepten. Dazu mussten die Kunden ihre Rezepte nur zur Partnerapotheke schicken. Bei der wiederum war Blüher – als Miteigentümer der Marke – mittelbar ebenfalls an Bord. Alle profitierten, bis ihnen das Modell gerichtlich untersagt wurde. Die EU-Versandapotheke wuchs trotzdem, bis auf 70 Millionen Euro Umsatz in der Spitze. Mit Valerevital unter Leitung von Bergner ist das Modell jetzt unter neuer Flagge zurück.

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