Ärztebestechung

Erste Ratiopharm-Verfahren eingestellt

, Uhr

Überraschende Wende bei den Untersuchungen zur Bestechung von Ärzten durch den Generikakonzern Ratiopharm: Ein Teil der Ermittlungsverfahren gegen niedergelassene Mediziner wird eingestellt. In Frankfurt, Bielefeld, Bochum und Paderborn wurden nach einem Bericht des Magazins „Der Spiegel“ insgesamt 200 der rund 3000 Ermittlungsverfahren zu den Akten gelegt. Beobachter gehen davon aus, dass auch die übrigen Fälle eingestellt werden.

Vor vier Jahren hatte das Nachrichtenmagazin „Stern“ von unlauteren Vertriebspraktiken bei Ratiopharm berichtet: Ärzte, die ihren Patienten vor allem Ratiopharm-Produkte verordneten, wurden vom Unternehmen mit Verrechnungsschecks, Einkaufsgutscheinen oder Sachgeschenken belohnt.

Ermittelt hatten die Staatsanwälte unter anderem wegen Betrug, Untreue und Bestechlichkeit. Doch ein nicht-öffentliches Gutachten von Alexander Badle, Leiter der Ermittlungsgruppe Betrug und Korruption im Gesundheitswesen bei der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt, bildet nun die Grundlage für das Ende zahlreicher Ermittlungen: Auf mehr als 30 Seiten erklärt Badle, warum die Schecks und Sachprämien an niedergelassene Ärzte nicht gegen geltendes Recht verstießen.

Korruption ist nach Artikel 331 des Strafgesetzbuches nur bei Amtsträgern oder Angestellten des öffentlichen Dienstes strafbar - doch niedergelassene Ärzte fallen nicht unter diese beiden Gruppen. Nach Ansicht von Badle können niedergelassene Ärzte auch nicht wegen Betrugs oder Untreue gegenüber den Krankenkassen angeklagt werden. Denn bei den Krankenkassen habe man keinen Schaden feststellen können.

Außerdem könne der Arzt frei entscheiden, welche Medikamente er seinen Patienten verschreibe. Der Vorwurf der Bestechlichkeit nach Paragraph 299 des Strafgesetzbuchs setze voraus, dass der niedergelassene Arzt als „Beauftragter“ der Krankenkasse angesehen werde - diese Ansicht einiger Juristen teilt Badle nicht.

„Die genannten Vorgänge stammen aus den Jahren 2002 bis 2005. Ratiopharm hat seinerzeit niemanden geschädigt und nicht gegen Gesetze verstoßen“, sagte ein Firmensprecher. Trotzdem hat das Unternehmen nach eigenen Angaben längst Konsequenzen aus den Ermittlungen gezogen: Seit Jahren nehme Ratiopharm Abstand von sämtlichen vertriebsfördernden Maßnahmen, die von der Öffentlichkeit als unredlich empfunden werden könnten, und arbeite nach strengen Marketing- und Vertriebsrichtlinien.

Newsletter
Das Wichtigste des Tages direkt in Ihr Postfach. Kostenlos!

Hinweis zum Newsletter & Datenschutz

APOTHEKE ADHOC Debatte