Schließt eine Apotheke, wird für die Kunden die gewohnte Arzneimittelversorgung unterbrochen. Kommt das Ende so überraschend wie jüngst in Erfurt, kann die Versorgung Kopf stehen. Am vergangenen Donnerstag wurden drei Apotheken vom Thüringer Landesamt für Verbraucherschutz (TLV) kurzfristig geschlossen. Als Grund wurde der Tod des Inhabers Frank Herrmann angegeben. Seine Kunden, darunter mehrere Pflegeheime, wurden von der Schließung kalt erwischt.
Die Apollo Apotheke und die Filialen Apollo Apotheke Süd und Paracelsus Apotheke sind seit 8. August zu. Herrmann galt in Erfurt als einer der größten Apotheker. Er hatte 13 Pflegeheime mit insgesamt 1500 Betten beliefert.
Herrmann hatte offenbar schon länger Zahlungsprobleme. Bereits im vergangenen Jahr hatte er laut Rechtsanwalt Professor Dr. Harald Hess eine Eigenverwaltung mit Ziel eines Insolvenzplanes beantragt. „Ich hatte als vorläufiger Sachwalter die Geldflüsse zu koordinieren“, so Hess.
Nach dem Tod des Apothekers werde nun ein Nachlass-Insolvenzverfahren angestrebt. Die Verbindlichkeiten belaufen sich demnach auf mehr als 6 Millionen Euro. Mehr als 250 Gläubiger hätten bereits Forderungen angemeldet.
Die Aussichten für ein erfolgreiches Verfahren standen offenbar nicht schlecht: „Ich habe ein Gutachten abgegeben, hätte sogar eine Verwalterin für die Apotheken gehabt“, so Hess. Nach der abrupten Schließung durch das Landesamt wolle er die Apotheken wieder eröffnen. Einige Kaufinteressenten hätten sich bereits gemeldet. Doch zunächst müsse das Gericht über das Insolvenzverfahren entscheiden. Die Beschäftigten bekommen laut Hess rückwirkend für drei Monate Insolvenzgeld.
Die Heime suchen derzeit neue Anbieter. Das DRK Christianenheim arbeitete seit knapp drei Jahren mit der Apollo Apotheke zusammen. Heimleiterin Beate Purmann wurde von der Schließung überrascht: „Wir haben es erst am Donnerstagnachmittag erfahren.“ Die Nord-Apotheke sei kurzfristig eingesprungen und habe ganz unbürokratisch sogar eine Nachtschicht eingelegt.
Der Apotheker starb bereits vor mehr als zwei Wochen. Als Todesursache wird über Selbstmord spekuliert. Sowohl das Landesamt als auch die Landesapothekerkammer Thüringen (LAK) wussten seit längerem von dem Tod. „Wir haben am 25. Juli davon erfahren“, sagt TLV-Abteilungsleiter Dr. Jürgen Ziegenfuß.
Die drei Apotheken seien nicht sofort geschlossen worden, da die Arzneimittelsicherheit zu 100 Prozent gegeben war. Außerdem habe Hess eine neue Verwaltung angekündigt.
Als die drei Filialleiter jedoch am 7. August auf Probleme bei der Versorgung hingewiesen hätten, seien die Betriebe umgehend geschlossen worden. Mit allen Heimen sei das Landesamt umgehend in Kontakt getreten. „Zu Engpässen ist es in den Heimen aber nie gekommen“, betont Ziegenfuß. Die Kammer hatte ihre Mitglieder in Erfurt am Freitag über die Schließung informiert, am Montag wurden die Gebietsvertrauensapotheker des Umlands kontaktiert*. „Alles andere ist nicht unsere Zuständigkeit“, sagt Kammerpräsident Ronald Schreiber.
Die Organisation der Medikamentenversorgung wird von der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Thüringen kritisiert: Ein geordneter Übergang fehle, sagt Hauptgeschäftsführer Sven Auerswald. „Die Art und Weise wie die Schließung vorgenommen wurde macht mich stutzig.“
Um Retaxationen zu vermeiden, müssten die Heime den Ärzten jetzt schriftlich bestätigen, dass es sich um Zweitverordnungen handele. Es sei ein „Unding“, dass die Standesvertretungen der Apotheker nicht tätig werde.
*Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version des Artikels hatte es geheißen, die Kammer sah sich nicht in der Pflicht, ihre Mitglieder über die Schließung zu informieren, korrekt ist, dass die Kammer über das Internet informiert hatte. Wir bitten diesen Fehler zu entschuldigen.
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