Der Gesetzgeber nimmt in Kauf, dass die meisten Apotheken von ihrem eigenen Honorar nicht überleben könnten und auf Einkaufsrabatte angewiesen sind. Daher sind die Konditionen beim Großhandel für den wirtschaftlichen Erfolg einer Apotheke extrem wichtig. Doch wie gut sind die Angebote tatsächlich? Ein Fragenkatalog soll Apothekern dabei helfen, dem Außendienst auf den Zahn zu fühlen. Die Hilfestellung kommt ausgerechnet vom Großhändler AEP – natürlich nicht ohne Hintergedanken.
Auch die Großhändler wissen um die Magie der großen Zahl und versprechen den Apothekern „Top-Konditionen“. Da sie nur aus ihrer prozentualen Marge von 3,15 Prozent Rabatte gewähren dürfen, ist hier eine natürliche Grenze gezogen. Doch wer seine Rechnung schnell bezahlt, kann beim Skonto fast noch einmal so viel sparen. Die Höhe seiner Gesamtkondition kennt jeder Apotheker, sie dient vielen auch als Standortbestimmung.
Natürlich weiß auch jeder Inhaber, dass Rabatt und Skonto nicht alles sind. Meistens gibt es zahlreiche Ausschlüsse und zusätzliche Gebühren, die die Einkaufskonditionen drücken. AEP hat nach eigenen Angaben rund 1200 Rechnungen von Konkurrenten geprüft. Die realen Konditionen hätten meist deutlich unter den versprochenen gelegen. Der Großteil der Apotheken lag demnach de facto unter 3 Prozent Gesamtkondition, 40 Prozent sogar unter 2 Prozent.
AEP spricht daher von einer „Bruttokondition“ und einer „Nettokondition“. So erhielten die Apotheker die volle vereinbarte Kondition meist nur auf einen Teil des Umsatzes. Angebotsartikel seien grundsätzlich von der Skontierung ausgeschlossen. Manchmal seien komplette Sortimente aus der Rabattierung und Skontierung ausgenommen, etwa Kontingentartikel, Betäubungsmittel, oder Langsamdreher. Hier gebe es gar keine Kondition.
Zusätzliche Gebühren gibt es typischerweise für Retouren oder den Mindestlohn, auch Spritkostenzuschläge oder sonstige Servicepauschalen kommen vor. Ein weiteres typische Element ist der sogenannte Handelsspannenausgleich, um die Konditionen zu drücken. Wer einen durchschnittlichen Packungspreis überschreitet, bekommt den Rabatt gekürzt.
„Wer fragt, führt das Gespräch“, heißt es in einem Leitfaden, den AEP Apotheken für Gespräche mit dem Großhandelsaußendienst erstellt hat. Zehn zentrale Fragen sollen die Pharmazeuten mit ihrem Lieferanten klären:
Ist das Angebot schriftlich, dauerhaft und rechtsverbindlich?
(Wenn nein: Wie wollen Sie die Einhaltung der Zusagen kontrollieren?)
Wurde auf einen Handelsspannenausgleich verzichtet?
(Wenn nein, werden Sie für die stetige Verteuerung von Arzneimitteln mit einer erheblichen Verschlechterung Ihrer Kondition bestraft, sobald Ihr durchschnittlicher Packungswert über circa 21 Euro liegt!)
Wurde auf die Einspielung von Angebotskonzepten verzichtet?
(Wenn nein, erhalten Sie auf circa 40 Prozent des Umsatzes keinen Skonto!)
Wurde auf Sortimentsausschlüsse verzichtet? (BtM, Kühlartikel, Kontingentartikel)
(Wenn nein, erhalten Sie auf circa 10 Prozent des Umsatzes weder Rabatt noch Skonto!)
Ist das Angebot frei von jeglichen Gebühren auch im Bereich Retouren?
(Wenn nein: Sind diese gerechtfertigt oder einfach pauschal erhoben?)
Ist die Großhandelsrechnung transparent und verständlich?
(Wenn nein: Zahlt der Großhandel die Kontrolle, z.B. durch die Treuhand?)
Erfolgt die Rabattberechnung im Rx & Non-Rx Segment auf Basis der Lauer Taxe?
(Wenn nein, erhalten Sie lediglich eine Berechnung auf Faktura bzw. HAP! Eine valide Preiskalkulation im NRX-Bereich ist damit nicht mehr möglich!)
Wurde auf Umsatzstufen und durchschnittliche Packungswerte verzichtet?
(Wenn nein: Erreichen Sie die Ziele auch problemlos in schwachen Monaten z.B. im Sommer?)
Ist die Teilnahme an Kooperationen kostenfrei?
(Wenn nein: Haben Sie einen messbaren Nutzen oder ist es nur ein Bindungsinstrument des Großhandels?)
Wie hoch ist die reale Rx-Kondition bei „normalem Mix und normalem Durchschnittspreis (~ 24 €)“ ? in Prozent. Bekomme ich das schriftlich?
(Wenn nein, wird die versprochene Kondition sicherlich von der realen Kondition abweichen!)
AEP musste Geschäftsführer Jens Graefe zufolge in Gesprächen mit potenziellen Kunden in der Vergangenheit oft auf die Angebote der Konkurrenten reagieren. Als wieder ein Apotheker angebliche Angebote von 5,5 Prozent von vier Mitbewerbern vorlegte, entschied man sich, den Spieß einmal umzudrehen. „Wie funktionieren Großhandelsangebote und was muss ich tun um sie zu verstehen?“, erklärt Graefe den Ansatz mit dem Leitfaden.
Die bisherige Resonanz auf die Aktion sei gut. Kein Wunder: AEP rechnet den Apothekern vor, dass schon 1 Prozent mehr Kondition ein Plus von 20 Prozent beim Gewinn bringen können. Der Großhändler aus Alzenau setzt auf eine einheitliche Kondition ohne Ausschlüsse und hat daher ein natürliches Interesse, die Mischkalkulation der Mitbewerber zu hinterfragen. Die rechtfertigen ihre Konditionenmodelle damit, dass individuelle Vereinbarungen mit Apothekern am Ende gerechter für alle seien.
APOTHEKE ADHOC Debatte