Persönliche Daten müssen geschützt werden. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit dem Amazon-Urteil auch für Bestellungen von OTC-Präparaten über den Marktplatz bestätigt. Dass der US-Konzern keine vorherige aktive Einverständniserklärung bereithält, bekommen jetzt die dortigen Händler zu spüren und stoppen den Versand. Für sie dürfte es wegen der Popularität des Versandriesens um einen deutlichen Umsatzeinbruch gehen – doch der vermeintliche Erfolg des Münchener Vor-Ort-Apothekers wird wohl von kurzer Dauer sein, denn an dem System der Bestellplattformen ändert seine erfolgreiche Klage generell nichts und die Versender werden Lösungen finden, den Datenschutz rechtskonform umzusetzen. Ein Kommentar von Carolin Ciulli.
Allein die Bestellung eines Arzneimittels auf der Handelsplattform Amazon-Marketplace reicht dem BGH nicht aus, um einen „Schutzzweck“ der persönlichen Kundendaten zu erzielen. In Karlsruhe sahen die Richter in ihrer Entscheidung eine „ausdrücklich erklärte Einwilligung der Kunden“ für erforderlich; eine konkludente Einwilligung sei gemäß Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) nicht ausreichend, hieß es in der Begründung.
Kläger war der Münchener Apotheker Dr. Hermann Vogel Jr., der jetzt 40 Amazon-Apotheken abgemahnt hat. Mit seinem Rundumschlag trifft er seine Internet-Mitbewerber fürs Erste: Ein Teil davon hat sich bereits von dem Marktplatz zurückgezogen, andere verweisen im Bestellvorgang auf die „datenschutzrechtliche Einwilligung in die Verarbeitung von Gesundheitsdaten“. Doch dabei dürfte es sich nicht um die explizite Einwilligung handeln, die die Richter vorgesehen haben. Die Verbliebenen dürften vorerst von der Abmahn-Aktion profitieren, da sich der Kreis der OTC-Anbieter bei Amazon verkleinert hat.
Während der klagende Apotheker mit der Durchsetzung des BGH-Urteils beschäftigt ist, denkt man bei den Versendern aber schon weiter. Gespräche mit Amazon werden fokussiert, um dem Konzern den Knackpunkt zu verdeutlichen. Mit dem Ziel, möglichst schnell den datenschutzrechtlich nötigen Passus einzufügen und mit einem gesonderten Klick zu bestätigen. Auch dem US-Händler dürfte daran gelegen sein, dies umzusetzen, um weiterhin an den Verkäufen mitzuverdienen.
Denn die Umsätze, die die Apotheken über den Amazon-Marktplatz erwirtschaften, dürften nicht unerheblich sein. Von Betroffenen wird die Abmahnung nicht als „Lappalie“ abgetan. Es heißt, dass es sich um signifikante Beträge handelt und es für einzelne existenzgefährdend werden könnte. Zudem droht ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro. Umso emsiger werden die Inhaberinnen und Inhaber versuchen, auf eine schnelle datenschutzkonforme Umsetzung des BGH-Urteils zu drängen. Dabei geht es nicht um die Sache, sondern darum, möglichst schnell wieder zurückzukommen.
Für die Vor-Ort-Apotheken dürfte der aktuelle Rückzug der Amazon-Apotheker indes keine große Rolle spielen. Denn die Amazon-Kundschaft dürfte zunächst versuchen, über andere online auffindbare Internetseiten ihre Arzneimittel zu beziehen. Diese Zielgruppe legt dabei unter anderem Wert auf einen guten Preis und Schnelligkeit beim Versand. Vielleicht verirrt sich auch der ein oder die andere aber in eine stationäre Apotheke, um dort bestenfalls vom Service vor Ort überzeugt zu werden.