Eigenmarken

„Apotheken wollen keine ‚Beton-Galenik‘“ Eugenie Ankowitsch, 02.06.2017 10:35 Uhr

Berlin - 

Apotheker finden Gefallen daran, Packungen mit dem Logo der Apotheke zu versehen und so präsent im Haushalt der Kunden zu sein. Wo aber bekommt man sein eigenes Ibuprofen? Klassische Generikahersteller wie Aristo oder Teva liefern Schnelldreher für Kooperationen und Verbünde, auch einige Lohnhersteller haben sich auf Eigenmarken spezialisiert. Eines dieser Unternehmen ist Interpharm. Besonders stolz ist man in Lünen darauf, alle Prozessschritte aus einer Hand anbieten zu können.

In den vergangenen Jahren sei die Nachfrage aus den Apotheken stark gestiegen, sagt Marco Kunk, der als Key Account Manager bei Interpharm für den Vertrieb von Eigenmarken zuständig ist. „Vor allem Versandapotheken bauen ihre Sortimente im Bereich der Nahrungsergänzungsmitteln immer weiter aus.“ Aber auch Apotheken vor Ort beschäftigten sich immer mehr mit dem Thema.

Das liege unter anderem daran, dass es für viele immer schwieriger werde, die Ziele der Großhändler und Hersteller zu erreichen. Laut Kunk kommt es immer wieder vor, dass Lieferanten den Apotheken „regelrechte Knebelverträge“ aufzwingen. „Deshalb wollen immer mehr Apotheken ihre Abhängigkeit reduzieren.“

Neben der höheren Marge spiele der Marketing-Aspekt eine große Rolle. „Gerade dort, wo die Apothekendichte hoch ist, muss man sich von der Konkurrenz abheben“, erklärt er. Ein Portfolio an Eigenmarken sei eine gute Strategie, um Kunden stärker an sich zu binden. „Unlängst hat mich ein Kunde angerufen und gefragt, ob er eine Packung Ibuprofen eines anderen Kunden bekommen könne“, erzählt Kunk eine Anekdote aus seinem Berufsalltag. Die Patientin wolle nur dieses bestimmte Präparat haben und habe sich nicht überzeugen lassen, ausnahmsweise das Produkt eines anderen Herstellers zu nehmen. „Ich höre immer wieder Geschichten, die zeigen, wie stark manche Patienten sich an eine Marke binden“.

Seit 2004 entwickelt und produziert Interpharm Medikamente für unterschiedliche Therapiebereiche. Das Produktspektrum reicht von klassischen Arzneimitteln bis hin zu Phytopharmaka. „Das Geschäft mit Eigenmarken hat vor allem in den vergangenen zwei bis drei Jahren eine enorme Entwicklung gemacht“, sagt Geschäftsführer Tahar Ali. Genaue Zahlen zum Markt gebe es allerdings nicht.

Das Sortiment werde kontinuierlich ausgebaut, bestätigt Kunk. Mittlerweile habe Interpharm 35 Zulassungen. Die gesamte Produktpalette reiche vom Hustensaft und Beruhigungsmitteln über pflanzliche Produkte bis hin zu den klassischen Schnelldrehern: Blockbuster seien Ibuprofen, Paracetamol, Xylometazolin-Nasenspray, Cetirizin und Omeprazol. In den kommenden Jahren will sich das Unternehmen weitere Zulassungen im OTC-Bereich sichern. Bei Nahrungsergänzungsmitteln sei allerdings Zurückhaltung angesagt, so Kunk. Der Markt sei in diesem Segment mit Anbietern geradezu überschwemmt.

Zum Kundenkreis von Interpharm gehören vor allem dem Großhandel, Apothekenkooperationen und Einkaufsgemeinschaften sowie Versandapotheken. Das Unternehmen beliefert unter anderem die Hamburger Versandapotheke Apo-Rot sowie Apothekenkooperationen wie Elac, die Bienen- und die Bärenapotheken. Aber auch einzelne Apotheken oder Verbünde könnten beim Unternehmen Arzneimittel als Eigenmarken bestellen. „Ab 3000 Packungen ist das möglich“, berichtet Kunk.

Interpharm ist aus dem Unternehmen Europharma entstanden, das vor allem für Drogerien- und Discountermärkte produziert hat. Man habe sich allerdings aus dem Geschäft komplett zurückgezogen und konzentriere sich nun ausschließlich auf apothekenpflichtige Produkte, erklärt Ali. „Zwar gibt es im OTC-Bereich viel Konkurrenz, das Marktvolumen ist aber um Vielfaches größer“, sagt er. Außerdem ist der Geschäftsführer der Überzeugung, dass ein Unternehmen sich auf einem Bereich spezialisieren sollte, wenn es höchste Qualität bieten und sich als eines der führenden Unternehmen im Markt etablieren wolle.

Das Unternehmen hat nach eigenen Angaben in den vergangenen Jahren viel in die Weiterentwicklung und Verbesserung der Galenik investiert. „Einige Hersteller, vor allem aus dem Ausland, können nur eine ‚Beton-Galenik‘, wie wir sie oft scherzhaft nennen, bieten“, berichtet Ali. Das entspreche allerdings nicht den heutigen Anforderungen der Apotheken an ein Arzneimittel. Durch den ständigen Erfahrungsaustausch mit Forschern, Therapeuten und Apothekern werde sichergestellt, dass bei der Entwicklung und Produktion aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse berücksichtigt würden.

Ein weiterer Trumpf des Unternehmens sei die Schnelligkeit. „Wer als unser Kunde beispielsweise Ibuprofen als Eigenmarke einführen will, kann das Medikament bereits in acht bis zehn Wochen nach der Bestellung seinen Patienten anbieten“, berichtet Kunk. Das Alleinstellungsmerkmal des Unternehmens sei außerdem, dass es alle Dienstleistungen aus einer Hand anbieten kann. „Wir besitzen im Gegensatz zu einigen anderen Anbietern in Deutschland auch eine Herstellererlaubnis“, betont Kunk. „Damit finden alle Prozessschritte – von der Bestellung, über die Herstellung und BfArM-Meldung bis zur Auslieferung an den Kunden oder den Großhandel – in unserem Unternehmen statt.“