Pharmakonzerne

Ehekrach um Insuline

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Berlin -

Wenn Ehen auseinander gehen, freuen sich Anwälte. Wenn sich Pharmakonzerne scheiden lassen, frohlockt die Konkurrenz. Als Pfizer in dieser Woche die Trennung von Biocon bekannt gab, dürften bei Sanofi, Lilly und NovoNordisk die Korken geknallt haben. Denn Insulin-Biosimilars aus dem Haus des Weltmarktführers sind wieder in weite Ferne gerückt. Gestärkt fühlt man sich allerdings auch beim Generikakonzern Actavis.

 

Im Oktober 2010 hatten sich Pfizer und Biocon verbündet. Die Inder sollten Human- und Analoginsuline liefern, die der US-Konzern weltweit exklusiv zu vermarkten gedachte. Schon 2012 sollten die ersten Produkte auf den Markt kommen. Pfizer überwies großzügig 200 Millionen US-Dollar, weitere 150 Millionen Dollar waren für bestimmte Meilensteine vorgesehen. Ein halbes Jahr später ließ Biocon für die neue Braut dann auch noch Axicorp stehen; eigentlich hatte die Beteiligung an dem Frankfurter Unternehmen den Vertrieb in Eigenregie ermöglichen sollen.

Am Dienstag machte sich Pfizer auf und davon. Man sei überein gekommen, dass man aufgrund unterschiedlicher Prioritäten am besten getrennt voneinander vorankommen könne, lautete die offizielle Sprachregelung, die vermutlich kein Scheidungsanwalt hätte besser formulieren können. Eine Abfindung gab es auch noch: Biocon darf die bereits gezahlten Gelder behalten.

In der Branche wird nun spekuliert, ob Pfizer die Zusammenarbeit zu teuer oder die gelieferte Qualität zu schlecht gewesen ist. Die Rechte an den Marken Univia und Glarvia gehen jedenfalls nach Indien. Biocon hat bereits zwei Insuline auf dem Markt: das Mischinsulin Insugen und das langwirksame Analoginsulin Basalog, das wie Lantus (Sanofi) Insulin glargin enthält.

 

 

Da in den kommenden Jahren die Patente zunächst für die kurzwirksamen, später für die langwirksamen Analoga ablaufen, muss sich Biocon beeilen, neue Partner für die Vermarktung zu finden. Nachdem der Brückenkopf in Deutschland aufgegeben ist, hat Actavis derzeit die Nase vorn: Erst Ende Januar hatte der ehemals isländische Generikakonzern ein Joint Venture mit dem polnischen Biotech-Unternehmen Bioton geschlossen.

Für insgesamt 55,5 Millionen Euro hat sich Actavis die Rechte gesichert, die Insuline des Partners unter seinem Namen in den EU-Ländern, Japan und den USA vertreiben zu dürfen. Seit zehn Jahren haben die neuen Partner Humaninsuline auf dem Markt; in Polen gehört Bioton zu den Marktführern. In der Pipeline sind außerdem zwei Analoginsuline, die bereits in diesem Jahr in einigen Ländern außerhalb von Europa auf den Markt kommen sollen. Hierzulande soll der Startschuss 2015 fallen.

Bei Actavis ist man froh, mit Pfizer/Biocon den größten potentiellen Mitbewerber los zu sein. Zwar arbeiten auch andere Generikafirmen an Insulin-Biosimilars, beispielsweise Teva in Zusammenarbeit mit Lonza. Auf dem Markt hat bislang jedoch kein anderer Anbieter etwas. Dazu kommt, dass Analoginsuline hierzulande eigentlich von der Ersatttung ausgeschlossen sind; Actavis-Chef Dr. Claudio Albrecht will die Mehrwertverträge, die die Hersteller mit den Krankenkassen geschlossen haben, durch Risk-sharing-Verträge über das gesamte Sortiment ablösen.

Bis die neue Konkurrenz soweit ist, bleiben die großen Insulinhersteller noch unter sich. In Deutschland vertreiben Sanofi, Lilly/BerlinChemie und NovoNordisk verschiedene Human- und Analoginsuline. B. Braun hatte Ende Februar angekündigt, sich kurzfristig aus dem Geschäft zurückziehen zu wollen.

 

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