Nicht nur das Rezept soll künftig digital in die Apotheke übermittelt werden. Auch andere Dienstleistungen wie Couponing sollen papierlos werden. Die hessische Firma Kyte-Tec will den Markt mit Exklusivverträgen neu aufrollen und die Gutscheinaktionen von der Erstellung bis zur Abrechnung vollautomatisiert anbieten.
Kyte-Tec orientiert sich am Lebensmitteleinzelhandel (LEH). Dort können die Gutscheine bereits über das Smartphone durch den Händler an der Kasse gescannt werden. „Der Kunde kommt einfach mit dem mobilen Coupon“, sagt Jens Stauch, der für das operative Geschäft verantwortlich ist. Die Daten werden über den Warenwirtschaftsanbieter direkt an die Firma übermittelt und der gescannte Coupon validiert.
Die Kasse erhält demnach im Anschluss eine automatische Rückmeldung, ob der Coupon gültig ist. Im nächsten Schritt wird der gewährte Rabatt unmittelbar abgezogen. Die Erstattung wird zu einem festgelegten Turnus beispielsweise monatlich an die Apotheke ausgezahlt. Der Inhaber erhält einen Onlinezugang und kann die eingelösten Coupons über sein Nutzerkonto einsehen.
Bisher habe sich das Modell in der Offizin unter anderem noch nicht durchgesetzt, da sich die knapp 20.000 Apotheken nicht etwa wie im LEH aus Ketten zusammensetzten, so Stauch. Die Eigentümerstruktur sei vielschichtiger, die genutzten System dadurch auch. Zur Rewe-Gruppe gehören beispielsweise 3500 gleichnamige Supermärkte. Kyte-Tec hat mit Kassensystemanbietern eine Schnittstelle entwickelt, die für alle Apotheken nutzbar sei, sagt Stauch.
Seit etwa einem Jahr können Apotheken mit Systemen des Rechenzentrums AD Apotheken Datenverarbeitung die mobilen Coupons über Kyte-Tec bereits testen. Rund 700 Apothekenkunden gehören laut Stauch dazu; auf der Expopharm hat das Unternehmen laut eigenen Angaben 500 Besucher an seinen von der Avoxa subventionierten Stand gelockt. Bisherige Industriepartner waren unter anderem Klosterfrau, Pohl-Boskamp und Sanofi-Aventis. Für Apotheken ist die Anmeldung bei Kyte-Tec kostenlos. Die Firma trägt auch die Kosten für Updates.
Die erstmalige Vertragsmindestlaufzeit beträgt in der Regel 36 Monate und eine Kündigungsfrist von 90 Kalendertagen. Zudem müssen sich Apotheken an Kyte-Tec binden. „Sie verpflichten sich, für die Dauer des Vertrages ausschließlich das elektronische Clearing und das Checkout Couponing der Kyte-Tec GmbH einzusetzen“, heißt es. „Das stellt für uns eine Sicherheit dar, weil wir das System für Apotheken komplett finanzieren“, so Stauch.
Für Apotheken entfällt mit eCouponing das oftmals als lästig empfundene „Schnipselsammeln“. Zudem müssen Aktionszeiträume und Rabattwerte nicht mehr geprüft und manuell in der Kasse eingegeben werden. Der zeitliche Aufwand werde erheblich reduziert, sagt Strauch. Die junge Firma präsentiert sich selbstbewusst: „Ich glaube nicht, dass es 2020 noch manuelle Coupons geben wird.“ Um die Vorteile wissen auch Mitbewerber wie Valassis oder Acardo, die ebenfalls an digitalen Lösungen arbeiten.
Das mobile Couponing öffnet für die Industrie eine neue Form der Datenerhebung. Laut Kyte-Tec arbeitet das eigene System 100 Prozent DSGVO-konform. „Wir speichern ausschließlich die Daten, welche für die Couponeinlösung beziehungsweise den Check-out-Coupon nötig sind. Wir erhalten keine Rx-Daten, personenbezogene Daten oder Bezahldaten.“
Als Vertriebspartner ist laut Strauch das Marktforschungsunternehmen Iqvia mit an Bord, das die Auswertungen übernimmt. Die Kassendaten würden nicht weiterverkauft. Allerdings muss die Apotheke aus Abrechnungsgründen an das elektronische Clearingsystem angeschlossen werden. „Unser Ziel ist es, den Apotheken Couponing Markt in Deutschland und Europa auf dem neuesten Digitalisierungs-Level zu revolutionieren“, so Kyte-Tec.
In Apotheken sieht Stauch noch großes Potenzial für Couponing. „Der heutige Markt ist Peanuts“, sagt er. Nur wenige Hersteller wie etwa GlaxoSmithKline setzten mit Voltaren auf „Riesenaktionen“ mit bis zu 700.000 Coupons. Im LEH würden jährlich 150 Millionen Coupons eingelöst, in Apotheken seien es 2 Millionen. „Für die Industrie ist Couponing ein Lenkungsmittel und ein Aktivierungstool.“ Die Gutscheine sollten dabei so nah wie möglich am Produkt platziert sein – bestenfalls am Regal. Dann sei die Einlösequote deutlich höher als wenn sich der Gutschein in einer Zeitung befinde.
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