Streitfall OTC-Höchstmenge Alexander Müller, 22.12.2012 10:11 Uhr
Bei der Abgabe von OTC-Arzneimitteln gibt es für Apotheken eine rechtliche Stolperfalle: die zulässige Höchstmenge. Dürfen mehrere Kleinpackungen abgegeben werden, wenn die Gesamtmenge schon einer verschreibungspflichtigen Dosis entspricht? Die Europa Apotheek Venlo (EAV) hat dies in Testkäufen forciert und klagt nun vor Gericht gegen zahlreiche bayerische Apotheker. In den bisherigen Verfahren wurde die Grundsatzfrage von den Richtern unterschiedlich bewertet.
Die Testkäufer der Versandapotheke hatten unter anderem fünf 12er-Packungen Imodium Akut Lingual oder fünf 2er-Packungen Formigran verlangt. Die Großpackungen mit dieser Gesamtmenge unterliegen jeweils der Verschreibungspflicht.
Außerdem wurden die Mitarbeiter in einigen Apotheken zur Abgabe des Kontrazeptivums Belara ohne Rezept verleitet. In einem vierten konstruierten Fall sollten die Apotheken auf die mögliche Wechselwirkung zwischen Prostagutt forte und Hoggar Night hinweisen.
Rund zwei Dutzend Apotheken in Bayern wurden bislang von den Testkäufern besucht und in der Folge teilweise abgemahnt. Das Landgericht Augsburg hat zwischenzeitlich schon vier Fälle verhandelt. Weitere Verfahren werden in Regensburg, Bayreuth und München geführt.
Während die Abgabe von Rx-Präparaten ohne Rezept immer als Verstoß gesehen wird, sind die Gerichte bei den „OTC-Hächstmengen“ unterschiedlicher Auffassung. Das Landgericht Regensburg etwa hat die Apotheke in allen Fallkonstellationen verurteilt, das Landgericht München II dagegen die Anträge der Versandapotheke weitestgehend zurückgewiesen. Besonders bei der Beratungspflicht zur Kontraindikation sehen viele Gerichte noch Klärungsbedarf im Hauptsacheverfahren.
Es bleibt abzuwarten, auf welche Linie die Gerichte bei der Abgabe mehrerer OTC-Kleinpackungen einschwenken. Möglicherweise führen die Testkäufe in dieser Frage zu einer höchstrichterlichen Rechtsprechung. Bis dahin sollten die Apotheken allerdings vorsichtig sein, da weitere Testkäufe mit diesem Hintergrund nicht ausgeschlossen sind.
Der Bayerische Apothekerverband (BAV) hat betroffene Apotheken zudem darauf hingewiesen, das Personal auf die Einhaltung der Vorschriften einzuschwören. Die Apothekenleiter sollen sich von ihren Mitarbeitern schriftlich versichern lassen, dass diese keine Arzneimittel ohne Rezept abgeben.