Abmahnwelle

„Apotheken brauchen verlässliche Daten“

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Berlin -

Gleich zwei Apotheker haben Ende des vergangenen Jahres Kollegen wegen vermeintlicher Mängel bei ihren Internetseiten abgemahnt. Darunter waren auch zahlreiche Pharmazeuten, die Webshop-Systeme externer Anbieter nutzen. Dienstleister wie Mauve, Apozin, Pharma Privat oder Phoenix beziehen ihre Informationen über die ABDATA und somit letztlich von den Herstellern. Sie wünschen sich mehr Sorgfalt von den Datenlieferanten.

Von den aktuellen Abmahnungen des easy-Apothekers Harald Steinert sind auch einige Apotheken betroffen, die den Webshop von Apozin nutzen – laut Firmenchef Benedikt Becker aber weniger als bei der vorherigen Abmahnwelle durch den Apotheker Hartmut Rudolf Wagner. Unter Kunden des Phoenix-Shops ist offenbar „eine zweistellige Zahl“ von Apothekern, die aktuell abgemahnt wurden und die sich von der Kanzlei Bock Legal vertreten lassen. Bei Mauve wiederum weiß man bislang von einem Kunden, der eine Abmahnung von Steinert erhalten hat.

Die Shopanbieter erklären, sich umfassend auf die Änderung der Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV) vorbereitet zu haben. Apozin-Chef Becker stört deshalb besonders Steinerts Auffassung, lediglich Apotheker zu treffen, die sich nicht gekümmert hätten. „Wir haben uns auch schon seit Monaten mit dem Thema beschäftigt“, stellt Becker klar.

Bei Apozin seien zunächst alle als Lebensmittel deklarierten Artikel aus der Datenbank entfernt worden. Für 500 bis 800 Topseller aus dem Lebensmittelbereich stellt der Anbieter nun kostenlos 360°-Ansichten mit Zoomfunktion bereit. Verbraucher können sich auf diese Weise die vom Hersteller gelieferten Informationen vor dem Kauf anschauen. Damit genüge man den rechtlichen Vorgaben, so Becker.

Schwierigkeiten bereiteten dem Apozin-Chef zufolge allerdings falsch deklarierte Produkte – Lebensmittel, die nicht als solche gekennzeichnet waren: Becker erklärt, dass Produkte, die nicht korrekt als Lebensmittel markiert waren, durch das Raster rutschten und daher nicht entfernt wurden.

Doch selbst wenn vermutlich falsch deklarierte Produkte aufgefallen wären, hätte der Anbieter wenig tun können: „Wir dürfen keine pharmazeutische Entscheidung treffen“, so Becker. „Wenn ein Produkt nicht als Lebensmittel deklariert ist, können wir es nicht eigenständig als Lebensmittel behandeln.“ Über diese Deklaration könne man sich nicht hinwegsetzen – man sei an die Angaben gebunden. „Wir dürfen nur nach logischen Gesichtspunkten entscheiden.“

Die Shopanbieter greifen auf den Artikelstamm der ABDATA zurück. Der wiederum basiert auf den Daten der Informationsstelle für Arzneispezialitäten (IfA) – die die „artikelbeschreibenden Informationen“ von den Herstellern erhält. Diese sind verpflichtet, bei neuen Produkten die entsprechenden Daten zu liefern und Änderungen „rechtzeitig vor dem Zeitpunkt zu melden, zu dem sie wirksam werden“.

In den Verträgen zwischen Herstellern und der IfA ist geregelt, dass die Anbieter unverzüglich darüber informieren, wenn sie Kenntnis davon erlangen, dass Angaben korrekturbedürftig sind oder werden. Der Anbieter gewährleistet und haftet dafür, „dass seine Angaben vollständig und zutreffend sind und allen gesetzlichen und rechtlichen Anforderungen […] genügen“.

Unabhängig davon, wie die Haftungsfrage am Ende aussieht, fordert Becker konsistentere Produktinformationen: „Apotheken brauchen verlässliche Daten, um arbeiten zu können.“ Dem Apozin-Chef schwebt vor, dass Hersteller dazu verpflichtet werden sollten, Datenlieferanten wie die ABDATA, den Großhandel oder Webshopbetreiber korrekte Daten bereit zu stellen und aktiv über Änderungen von Produkt und Produktverpackung zu informieren. „Das Flag 'Lebensmittel' sollte von den Herstellern ernst genommen werden, so wie es bei der Kennzeichnung 'Betäubungsmittel' erwartet und gehandhabt wird“, meint Becker. „Das wäre ja auch in ihrem Interesse.“

Auch Mauve ist überzeugt: „Wenn sorgfältiger gearbeitet würde, könnte man sich viel Arbeit ersparen.“ Er kritisiert, dass es sich die zuständigen Stellen wie die ABDA zu einfach machten – die Apotheker aber oft keine Chance hätten, alle Angaben auf ihre Richtigkeit zu prüfen. Die Abmahnaktion kritisiert er als „Zeichen von schlechtem Stil“.

Zum Stichtag wurden die Artikellisten im Mauve-System gefiltert: nicht betroffene Artikel wie Medikamente sowie Lebensmittel ohne beziehungsweise mit LMIV-Daten. Im Shop werden setidem nur solche Produkte angezeigt, für die Daten vorhanden waren. „Alle anderen Artikel werden automatisch ausgeblendet“, so Mauve. Zwar konnten Apotheker sie wieder einblenden lassen – dann aber auf eigenes Risiko. „Der Apotheker ist verantwortlich für den ganzen Inhalt“, betont Mauve.

Apotheker, die Lebensmittel auch weiterhin über ihren Webshop anbieten wollen, müssen die Daten nachtragen. Alternativ empfiehlt Mauve „gebrauchs.info“, eine Suchmaschine für Medikamenten-Beipackzettel. Für 49 Euro im Monat können Versandapotheken die notwendigen Informationen als PDF über eine Schnittstelle einbinden. Um das Angebot nutzen zu können, müssen Apotheken außerdem ein zusätzliches Mauve-Modul für monatlich 39 Euro buchen.

Steinert, einer der ersten easy-Apotheker, hatte vor Weihnachten zahlreiche Kollegen abgemahnt, weil sie die Vorgaben der LMIV nicht erfüllt haben sollen. Die seit Mitte Dezember geltende EU-Verordnung sieht unter anderem vor, dass Kunden bestimmte Informationen über Lebensmittel bereits vor dem Kauf erhalten.

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