Dufte Apotheken Carolin Bauer, 02.05.2018 10:23 Uhr
Parfüms stehen klassischerweise nicht im Freiwahlregal, denn auch wenn dem Apotheker Francesco Tombarelli der Einzug der feinen Düfte nach Europa im 16. Jahrhundert zugeschrieben wird, hat sich diese Kategorie nicht in der Offizin etabliert. Heute setzen jedoch immer mehr Apotheken auf Düfte, um sich im Kosmetikbereich breiter aufzustellen. Der mit Flakons in der Offizin erzielte Umsatz ist zwar eher gering – doch der Markt wächst.
Insgesamt liegt das Geschäft mit Apothekenkosmetik im Milliardenbereich. Mit Parfüms wurde davon in der Offizin im vergangenen Jahr nur ein Bruchteil erwirtschaftet: Nach Zahlen von Iqvia entfällt ein Umsatz von knapp unter 4 Millionen Euro auf Düfte. Das entspricht einem Plus von 6 Prozent. Der Trend ist positiv: Im Vergleich zu 2015 nahmen die Verkaufserlöse sogar zweistellig zu.
Der Trend kommt aus Frankreich, denn im Heimatland der feinen Nasen läuft das Geschäft seit Jahrzehnten zu einem großen Teil über die Offizin. Dass in der Apotheke Parfüms zu finden sind, ist jedenfalls für Verbraucher selbstverständlich und auch für die Apothekenüberwachung kein Problem.
Hierzulande gibt es nur wenige Apotheken, die in diesem Bereich aktiv sind. Einer von ihnen ist Jens Wiesenhütter aus Potsdam. „Wir haben in unserer Stadt keine hochwertigen Parfümerien“, sagt er. Mit dem Sortiment wolle er sich abheben. „Die Kunden freuen sich darüber, die Produkte brauchen aber Beratung. Das funktioniert nicht, wenn man sich nicht auskennt.“
Nicht verwunderlich ist die Tatsache, dass auch fast alle großen Marken aus diesem Bereich aus Frankreich kommen. Ein großer Anbieter in der Apotheke ist Roger & Gallet. Die Marke geht auf die beiden Schwager Armand Roger und Charles Gallet – beides Pharmazeuten – zurück, die die Firma 1862 in Paris gründeten. Die Originalrezeptur wiederum geht auf den Apotheker Jean-Marie Farina zurück. Die Düfte sollen eine aromakologische Wirkung haben und etwa energetisierend oder glücksspendend sein. Heute gehören die Produkte zu L’Oréal. Vertrieben werden knapp 20 verschiedene Düfte, die auch in Parfümerien verkauft werden. Darunter sind zwei Eau de Parfums, deren Konzentration an Duftölen zwischen 8 und 15 Prozent und damit am zweithöchsten hinter Parfums liegt.
Die Produkte von Roger & Gallet seien als „Mittel zur Gesundheit“ einzuordnen, sagt eine Firmensprecherin. Die ätherischen Öle seien „maßgeblich für die aromakologische Wirkung“. Durch die richtige Beratung könne für den Kunden das optimale Produkt für sein körperliches Wohlbefinden und für verschiedenste Stimmungslagen ausgewählt werden. „Die Apotheke hat somit die Möglichkeit, ihren Kunden ein attraktives Zusatzangebot zu schaffen.“
Probleme macht Apotheken die Depotvereinbarung für das Randsortiment: In der Olympia-Apotheke in Durmersheim werden die Produkte von Roger & Gallet derzeit ausverkauft. Inhaberin Karin Schlenker wechselt das Sortiment und braucht Platz. „Manche Düfte kommen super an, man kann wegen des Depotvertrags jedoch nicht nur die Renner anbieten“, sagt sie. In den Regalen präsentiert die Apothekerin auch Seifen, Duschgele und Körpermilch. Die Apotheke in der etwa 12.000 Einwohner großen Gemeinde in Baden-Württemberg sei nicht unbedingt der Ort, wo Kunden nach Parfums schauten, so Schlenker. Die Marke bietet sie seit einigen Jahren an. „Das Problem mit dem Depotvertrag ist, dass nur drei Produkte gut gehen und man die restlichen in das Regal stellen muss.“ Deshalb würden auch die gut laufenden Düfte aussortiert. Der Ausverkauf läuft bis Ende April.
Auch der französische Kosmetikhersteller Nuxe setzt auf Düfte. Vor zwei Jahren kam hierzulande mit „Nuxe Body“ das erste Spray auf den Markt. Auf dem Heimatmarkt wurden Düfte bereits 2013 eingeführt. „Parfums sind für Apotheken eine Möglichkeit, sich abzugrenzen“, sagt Marketingleiterin Carolin Löhr. Für das 1990 von Aliza Jabès in Paris gegründete Unternehmen sind wohlriechende Pflegeprodukte ein wichtiges Thema, weshalb laut Löhr der nächste Schritt hin zu eigenen Parfums nahe lag. Der Damenduft Prodigieux etwa sei der Note des Trockenöls und Umsatzbringers „Hulie Prodigieuse“ nachempfunden.
Ebenfalls im Sortiment ist das Eau de Toilette Délicieuse „Nuxe Sun“, das auch an das Aroma der entsprechenden Sonnenpflegeprodukte erinnert. „Der Duft gehört zu unserer Marken-DNA“, sagt Deutschlandchef Martin Schardt. Apotheken sollten aber nicht zu Parfümerien werden, so Schardt. Stattdessen gehe es darum, sinnliche Produkte in der Offizin zu präsentieren. „Bei Apothekenkosmetik denkt man nicht spontan an gute Düfte. Die klassischen Marken sind eher Problemlöser und bieten wenig für die Sinne.“
Ein breites Angebot an Düften bietet auch L'Occitane. Das Unternehmen geht auf Olivier Baussan zurück, der 1976 in der Provence ätherisches Rosmarinöl destillierte und auf Märkten anbot. Das Sortiment besteht heute aus knapp 70 verschiedenen Produkten, darunter Frauen,- und Herren- sowie Raumdüfte, die in Apotheken, Parfümerien und Kaufhäusern verkauft werden.
Eine andere bekannte Duftmarke in der Apotheke ist Caudalíe. 1993 vom Ehepaar Mathilde und Bertrand Thomas gegründet, verkauft der französische Hersteller fünf verschiedene Eau Fraîche, also Produkte mit einer Konzentration von 3 bis 8 Prozent an Düftölen. In der Kategorie Eau de Parfum hat Caudalie das Produkt Divin im Sortiment. Der Hersteller vertreibt seine Kosmetik über den eigenen Webshop, Kosmetikstudios sowie Apotheken. Das Eau de Parfum ist derzeit nicht über das Internet, sondern laut Herstellerangaben ausschließlich in Apotheken erhältlich.
Auch andere Kosmetikhersteller haben Düfte für Apotheken im Sortiment. Weleda etwa bietet Jardin de Vie onagre Eau naturelle Parfumée an und La Mer das Bodyspray Pearl of Sea. Dr. Grandel ist 2017 in den Vertrieb von Düften eingestiegen. Das Eau de Parfum „Grandios“ ist in Apotheken, Kosmetikinstituten und Reformhäusern erhältlich. Bei Versandapotheken finden sich sogar Parfums aus dem Fachhandel. Sanicare etwa listet Düfte von Betty Barclay, Davidoff oder Hugo Boss. Auch Shop-Apotheke verkauft Marken, die aus Parfümerien bekannt sind.