Dr. Thomas Trümper

Der Statthalter

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Berlin -

Im Pharmagroßhandel wird mit harten Bandagen gekämpft. Umso schwieriger ist es, die gemeinsamen Interessen über den Branchenverband Phagro zu vertreten. Doch mit Dr. Thomas Trümper haben Großkonzerne, Genossenschaften und Private den perfekten Statthalter. Der ehemalige Anzag-Chef hat gerne viele Hüte auf – und versteht sich auch prächtig auf schnelle Rollenwechsel.

1950 geboren, war Trümper in der Maschinenbaubranche tätig, unter anderem als Geschäftsführer des Traditionsherstellers Kaltenbach aus Lörrach. 1990 wechselte er in den Pharmamarkt zum Mannheimer Großhändler Ferd. Schulze, wo er die Betriebsleitung übernahm. Als Schulze 1994 als einer von vier regionalen Großhändlern in Phoenix aufging, holten Adolf Merckle und Dr. Bernd Scheifele den studierten Ingenieur als Chief Operating Officer (COO) in den ersten Vorstand. Doch 1997 kam es zum Bruch. Trümper ließ den Großhandel hinter sich und wechselte wieder in seine alte Branche.

Fünf Jahre später wurde er für eine heikle Mission zurückgeholt. Als Nachfolger von Horst Trimborn wurde er zum Vorstandschef der Andreae-Noris Zahn AG (Anzag) ernannt. Damals brauchte man in Frankfurt einen Treuhänder für die Interessen der Konkurrenten: Weil die Sanacorp den Mitbewerber aus kartellrechtlichen Gründen nicht kaufen durfte, wurde das Traditionsunternehmen zum „Großhändler der Großhändler“. Anzag-Aktionäre waren ab September 2003 neben der Sanacorp auch Celesio, Phoenix, die niederländische Mediq und die Noweda. Die brachte den heutigen Walgreens/Boots-Chef Stefano Pessina als Großaktionär ins Spiel.

Trümper war in seinem Element, war er doch all seinen Aktionären gleichermaßen und damit wieder keinem in besonderem Maße zur Treue verpflichtet. Er mischte in der Rabattschlacht mit und investierte Millionen in den Aufbau der Apothekenmarke Vivesco – ohne wissen zu können, wer am Ende davon profitieren würde.

Als Diplomat gab er ab März 2006 auch den idealen Phagro-Chef ab, denn schon die Anzag war gewissermaßen ein Branchentreff im Kleinen. Trümper positionierte sich öffentlich gegen Apothekenketten – sein damaliger Geschäftsführer beim Phagro wurde nach einem ähnlichen Versuch auf Druck von Gehe/Celesio kaltgestellt. Bernadette Sickendiek, die heute das deutlich ausgebaute Team in Berlin leitet, würde am liebsten gar nicht öffentlich in Erscheinung treten.

Bei Trümper sind Schein und Sein nicht dasselbe, er ist ein Meister in der Kunst des Rollenspiels. Als Anzag-Chef gab er den Freund der inhabergeführten Apotheke und spendablen Gastgeber beim alljährlichen Apothekerball in der Frankfurter Oper oder im Berliner Ritz-Carlton. Als Phagro-Chef brockte er ihnen gleichzeitig eine drastische Honorarkürzung ein. „Wir sitzen alle in einem Boot“, versuchte er die Pharmazeuten zu überzeugen, während er hinter den Kulissen im Bundesgesundheitsministerium (BMG) auf das AMNOG hinarbeitete.

Als zwischen 2010 und 2012 auf der Eigentümerseite der Anzag „geordnete Verhältnisse“ einzogen, hatte Trümper einige Mühe, sein Gesicht zu wahren. Auf keinen Fall wollte er den Eindruck entstehen lassen, dass man bei der ehrwürdigen Anzag den roten Teppich für Pessina ausgerollt habe und nun nur noch Befehlsempfänger sei. Die Umbenennung zu Alliance verglich er mit dem Namenswechsel nach einer Hochzeit, das bis jetzt nicht allzu erfolgreiche Großprojekt „Skills in healthcare“ mit einem kleinen Kind, das Tag und Nacht Fürsorge brauche. Den Wechsel von Vivesco zu Alphega mussten dann schon seine Nachfolger verkünden.

Pessina dankte seinem Statthalter in Frankfurt die Treue mit dem Posten des hiesigen Aufsichtsratschefs, einem Gremium, das es im Firmenrecht gar nicht geben müsste. Für den weltgrößten Apothekenkonzern soll Trümper seine Kontakte spielen lassen. Er kennt die Ansprechpartner in Parlament und Ministerien, Pessina weiß Menschen mit Netzwerken zu schätzen – sofern er sich ihrer Loyalität sicher sein kann.

Auf Trümpers Erfahrungsschatz und Weltläufigkeit will man auch beim Phagro nicht verzichten. Weil es offenbar keinen Alternativkandidaten vom gleichen Format gab, wurde vor einem Jahr eigens die Satzung geändert, sodass der Verbandsvorsitzende kein aktiver Großhandelsvertreter mehr sein muss. Zu dankbar waren wohl auch Genossenschaften und Private ihrem ehemaligen Kollegen für das Erreichte, um ihm auch nach dem Wechsel zum Systemfeind ihr Vertrauen zu geben.

Parallel sitzt Trümper in den Kontrollgremien der IT-Firma Freicon in Freiburg und der Logistikers Grieshaber in Bad Säckingen, der auch im Arzneimittelbereich aktiv ist. Am Ende bleibt für all diejenigen, die mit ihm arbeiten und debattieren, eine Frage: Welchen Hut hat er gerade auf?

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