Porträt

Dr. Kade: Von Kolonien zu Kooperationen

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Berlin -

Seit 126 Jahren gibt es Dr. Kade. Nach wie vor im Besitz der Gründerfamilie, wird das Berliner Pharmaunternehmen mit den Schwerpunkten Gynäkologie, Proktologie und Schmerz in der dritten und vierten Generation geführt. Zwar leben die Eigentümer heute in New York, doch reisen sie regelmäßig nach Deutschland und treffen die grundlegenden Entscheidungen mit.

Angefangen hat alles in Berlin, als Dr. Franz Lutze 1886 die Oranien-Apotheke des Berliner Apothekers Dr. Rudolph Kade im Stadtteil Kreuzberg übernahm. Drei Jahre später belieferte die Apotheke nicht nur die Schutztruppen in den deutschen Kolonien, sondern auch die Bordapotheke der kaiserlichen Yacht „Hohenzollern“. Hergestellt wurden in zunehmend industriellem Maßstab unter anderem Verbandstoffe, Arzneien, Reiseapotheken und chirurgisches Gerät.

1908 wurde die Produktion in eine eigenständige Arzneimittelfabrik ausgelagert, nach dem 1. Weltkrieg wurden Offizin und Herstellung endgültig getrennt. Doch mit der Abtretung der deutschen Kolonien brach das Geschäft zunächst ein. 1919 übernahm der Sohn, Dr. Felix Lutze, das Unternehmen und führte es durch die turbulenten Nachkriegsjahre.

Schon drei Jahre später gelang Dr. Kade der Neustart: 1922 wurde das Hämorrhoiden-Mittel Posterisan eingeführt. Das Präparat besteht aus einer Suspension verschiedener Bakterienkulturen und ist noch heute neben KadeFungin und OeKolp eines der Hauptumsatzprodukte der Firma. Über eine Kooperation mit Maruho wird Posterisan seit 1923 auch in Japan vertrieben; heute ist Dr. Kade mit dem Mittel dort Marktführer.

Seit 1949 steht Dr. Marietta Lutze an der Spitze des Unternehmens. Mit 92 Jahren ist die Ärztin und Psychotherapeutin immer noch in der Geschäftsführung vertreten; vor fünf Jahren wurde sie mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. Mit Arthur Sackler ist seit 1975 die vierte Generation im Unternehmen aktiv; seine Schwester Denise Marika arbeitet dagegen als Künsterlin in den USA.

Vor Ort leitet neben Dr. Hans-Gisbert Ott seit 51 Jahren Detlef König die Geschicke von Dr. Kade. Auch dessen Sohn, Felix König, ist längst in der Firma und wird künftig das OTC-Geschäft verantworten.

Wo Dr. Kade alleine nicht weiterkommt, läuft das Geschäft über Kooperationspartner: Ein Joint Venture mit der belgischen Firma Besins hat sich seit 1992 auf die Vermarktung gynäkologischer Präparate wie Gynokadin (Estradiol) oder Utrogest (Progesteron) spezialisiert. In Polen ist der Pharmahersteller seit 2006 mit Kade-Farm vertreten. Für die Schmerzmittel Trancolong und Trancopal Dolo (beide Flurpirtin) hat Dr. Kade seit 2005 eine Vertriebslizenz des Pharmakonzerns AWD (Teva). Seit 2010 vertreibt Dr. Kade mit Minette sein erstes Kontrazeptivum; unter der Marke Dr. Kade Avenda soll künftig das OTC-Geschäft gebündelt werden.

Mehr als 400 Mitarbeiter zählt das Unternehmen heute. 2011 wurden 80 Millionen Euro umgesetzt, ein Viertel entfällt auf das Ausland. Rund 90 Präparate hat Dr. Kade im Portfolio; zehn Millionen Packungen werden jährlich hergestellt. Allerdings ist das Unternehmen längst nicht mehr nur in Berlin zu Hause: Wegen der politischen Unsicherheiten waren 1962 Teile des Betriebs schrittweise an den Standort Konstanz verlegt worden.

Im Berliner Stadtteil Marienfelde sind heute neben der Geschäftsleitung die Bereiche Medizin, Marketing, Produktion und Analytik angesiedelt. Das Werk in Konstanz beheimatet neben der Produktion die Mikrobiologie, Analytik sowie galenische Entwicklung. Auch das Zentrallager mit dem Vertrieb hat dort seinen Sitz.

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