Douglas sucht Apotheker Nadine Tröbitscher, 15.05.2018 10:04 Uhr
Geregelte Arbeitszeiten ohne Not- und Bereitschaftsdienste: Das ist nur eins der Argumente, mit dem die Parfümeriekette Douglas derzeit um Apotheker buhlt. Der Konzern plant in Hamburg ein neues Store-Konzept für Apotheken- und Dermokosmetik. Die Industrie ist alarmiert.
Ab August soll ein Apotheker in Voll- oder Teilzeit seinen Arbeitsplatz in Hamburg antreten. Im feinen und westlich der Alster gelegenen Stadtteil Eppendorf plant Douglas ein neues Store-Konzept, zu dem der Konzern allerdings noch keine weiteren Angaben machen will. Bis zum Start im Herbst bleibt das Konzept also geheim.
Auch die Stellenausschreibung verrät nur wenig. Erwartet würden „aktive Kundenansprache und ausführliche Kundenberatung für die Apothekenkosmetik/Dermokosmetik“. Mitbringen sollen Bewerber „Kundenservice mit Leidenschaft gemäß dem Servicestandard des Unternehmens, um die Kundenzufriedenheit sicherzustellen und zu verbessern“. Zum Aufgabenbereich zählen auch das „Verpacken und Kassieren der verschiedenen Artikel“. Apotheker sind außerdem für Wareneingang, Lagerhaltung und Produktpräsentation mitverantwortlich.
Von den Bewerbern erwartet Douglas neben der Approbation als Apotheker auch „Spaß an der Beratung und am Verkauf“, „Kommunikationsfähigkeit und Freude am Umgang mit Kunden und Kundenberatung“ sowie ein „großes Interesse an Lifestyle und aktuellen Trends“. Auch eine „hohe Service- und Dienstleistungsorientierung“ wird vorausgesetzt. Der sichere Umgang mit dem PC kann bereits beim Abschicken der Bewerbung unter Beweis gestellt werden: Denn wer sich von der Anzeige angesprochen fühlt, kann sich via Facebook und Instagram bewerben. Der Lebenslauf kann auf der Karriereseite der Parfümerie hochgeladen werden. Interessenten sollen Gehaltsvorstellungen und den möglichen Eintrittstermin angeben.
Versprochen werden ein „motivierendes und inspirierendes Umfeld“, eine „professionelle Einarbeitung“ sowie „geregelte Arbeitszeiten ohne Not- und Bereitschaftsdienste“. Vor Letzterem müssen sich auch Kosmetiker sowie Beauty-Experten nicht fürchten, die für „wohltuende Kosmetikbehandlungen“ beziehungsweise die „ausführliche Kundenberatung ausgewählter Marken mit dem Schwerpunkt Skin Care“ gesucht werden.
Der Standort in Eppendorf ist auf dermatologische Hautpflege ausgerichtet, angeboten werden sollen Nahrungsergänzungsmittel und „Medical Beauty“. Insgesamt sind mehrere neuer Filialkonzepte geplant: Auf der Düsseldorfer Königsallee soll der Schwerpunkt auf Luxus- und Pflegeprodukten liegen und auf der Frankfurter Zeil auf Kosmetikbehandlungen. Welche Marken am Ende in die Regale eingeräumt werden und inwiefern der Beratungsbedarf durch das Personal abgedeckt werden kann, ist bislang offen.
Dass der Konzern auch vor apothekenexklusiver Kosmetik nicht haltmacht, zeigte sich schon 2016: Damals hatte Douglas bereits zahlreiche Dermokosmetika der Marke Avène des französischen Herstellers Pierre Fabre ins Sortiment genommen. Dass es bis heute bei Avène und Quickcap von Orthomol blieb, hängt laut Branchenkennern damit zusammen, dass keine Geschäftsbeziehungen mit L’Oréal oder Beiersdorf riskiert werden sollen. Das könnte sich mit dem neuen Format ändern.
Die Hersteller sind alarmiert. Bereits vor Monaten hat Douglas dem Vernehmen nach die führenden Anbieter apothekenexklusiver Kosmetik angesprochen und sehr massiv auf eine Zusammenarbeit gedrängt. Im neuen Konzept spielt demnach den Verkauf von Apothekenkosmetik eine wichtige Rolle; nachdrücklich wurden die Unternehmen aufgefordert, die entsprechenden Produkte zu liefern. Bei den großen Herstellern soll die neue Konzernchefin Tina Müller sogar persönlich vorgesprochen haben. Doch auf allzu viel Gegenliebe ist der Vorstoß dem Vernehmen nach nicht gestoßen.
Für Müller geht es um viel, denn sie hat sich vorgenommen, die größte europäische Parfümerie- und Kosmetikkette fit für die Zukunft zu machen. Zwar konnten die Umsätze – auch durch Zukäufe – im 1. Quartal 2017/18 um 15 Prozent auf 1,14 Milliarden Euro kräftig gesteigert werden. In Deutschland läuft das Geschäft aber nach wie vor schleppend. Das will Müller, ehemalige Marketingchefin von Opel, mit einer neuen Produktphilosophie ändern: Weg vom Massenmarkt und von Rabattaktionen, hin zu Exklusivität und Einbindung von Kosmetik aus dem Healthcare-Bereich.
Die Neuerungen sind auch der erfolgreichen Entwicklung der Drogerieketten dm und Rossmann geschuldet, die in den vergangenen Jahren ihre Kosmetik- und Gesundheitsproduktlinien erfolgreich ausgebaut haben. Zusätzlich drängt mit der französischen Kette Sephora, einer Tochter des Luxuskonzerns LVMH (Dior, Louis Vuitton), ein neuer Wettbewerber auf den Markt, der vor allem bei jungen Kundinnen gut ankommt.
Und auch im Internet wächst die Konkurrenz. Neben bereits etablierten Händlern wie Parfumdreams und Flaconi ist auch der Online-Modehändler Zalando ins Beauty-Geschäft eingestiegen. Erst Ende April hatte Douglas den Konkurrenten Parfümerie Akzente mit 28 Filialen und dem Webshop Parfumdreams übernommen.
„Wir werden in Zukunft mehr ausprobieren“, versprach Müller zuletzt, die vor ihrer Zeit bei Opel für die Konsumgütersparte von Henkel gearbeitet hatte und zuletzt einige Monate im Aufsichtsrat von Stada saß. Dazu gehören auch Überlegungen, in Berliner Filialen testweise einen Make-up-Service für Nachtschwärmer anzubieten. Ihre Experimentierfreude hatte sie auch schon Ende November angekündigt: Da standen für sie Flug- und Bahngäste im Mittelpunkt, denen man künftig entweder in einem Beauty-Waggon während der Zugfahrt oder im Lounge-Bereich am Flughafen beim Verschönern und Entspannen helfen wollte.
Ob der Verkauf von Apothekenkosmetik das Geschäft nachhaltig positiv beeinflussen kann, bleibt abzuwarten. dm hatte im Frühjahr 2016 Marken wie Eucerin, Vichy, Avène, Eubos, Medipharma und Bepanthol komplett aus den Regalen genommen. Als Grund wurden unzuverlässige Lieferungen genannt: „Hintergrund für diese Entscheidung ist, dass wir die Warenpräsenz nicht in allen dm-Märkten gewährleisten und unserem Anspruch an eine attraktive Warenpräsentation nicht gerecht werden können“, sagte Geschäftsführer Christoph Werner, der den Bereich Marketing und Beschaffung verantwortet.
Die Hersteller hatten immer wieder beteuert, dass sie die Ware nicht direkt an Drogerieketten verkaufen. Und auch gegen den Graumarkt wurde regelmäßig vorgegangen: Auffällige Bestellungen werden seit Jahren verfolgt. Immer wieder werden auch Apotheken erwischt, die die Kosmetik unerlaubt weitergeben. Auch dem Großhandel wird immer wieder vorgeworfen, Ware in den Mass Market zu leiten.
Der Erfolg ließ sich bei dm auch nicht mit Werbung erzwingen: Die Kette hatte sogar mit speziellen Kampagnen auf das Sortiment hingewiesen: „Exklusive Apothekenartikel jetzt in ihrem dm-Drogeriemarkt“, hieß es etwa auf Plakaten in den Filialen. Auch in den Einkaufskörben lagen Flyer aus, auf denen einschlägige Kosmetikmarken abgebildet waren. Daneben stand: „Bekannte Apothekenkosmetik“.
Mit dem Rückzug endete nach fast zehn Jahren eine Ära, in der Drogerieketten wie dm, Schlecker, Rossmann und Müller sich mit Produkten aus der Apotheke positionieren wollten – was nach dem großen Ausverkauf geblieben ist, sind freiverkäufliche Gesundheitsprodukte aus der Offizin. Ob Douglas mehr Erfolg als „Kosmetikapotheke“ hat, wird sich zeigen.