Dosierautomat statt Einzellieferungen: Um Drogenabhängige in der Substitutionstherapie mit Methadon zu versorgen, bietet das Unternehmen CompWare Medical aus dem hessischen Gernsheim Apothekern und Ärzten eine technische Lösung an. Mit dem Dosiersystem MeDoSys wird die Menge Methadon pro Patient vom Automaten in der Praxis genau abgemessen, gleichzeitig wird die Abgabe in der angeschlossenen Software dokumentiert.
Offiziellen Zahlen zufolge befinden sich etwa 78.000 Patienten in einer Substitutionstherapie, Schätzungen gehen davon aus, dass 240.000 Personen für die Behandlung in Frage kämen. Ärzte, die mehr als drei Opioidabhängige betreuen, müssen zuvor eine suchtmedizinische Qualifikation erwerben. Rund 7000 Mediziner haben diesen Nachweis, davon bieten etwa 2600 Ärzte Substitutionstherapien an – unter anderem in rund 350 Schwerpunkteinrichtungen.
Die Patienten erhalten meist Methadon, das Mittel macht rund 60 Prozent der abgegebenen Ersatzdrogen aus. Zunächst erfolgt die Anwendung in den Praxen unter Aufsicht. Stuft der Arzt die Patienten als stabil ein, gibt es Take-Home-Verordnungen. Das Methadon wird von den Apotheken geliefert – und hier kommt das System von CompWare Medical ins Spiel. Der Automat wird von der Apotheke befüllt und portioniert das Methadon patientenindividuell direkt vor der Abgabe.
CompWare Medical-Geschäftsführer Gerd Meyer-Philippi sieht Gewinne für alle Beteiligten: Für die Apotheke werde die Belieferung der Arztpraxis leichter. Denn das Methadon werde in Flaschen à 4 Litern zur Verfügung gestellt, dadurch entfalle nicht nur die aufwändige Portionierung, auch die Abrechnung werde so einfacher. „Der Arzt bestellt das Methadon mit einem Rezept als Praxisbedarf, die Apotheke erhält das Rezept fertig taxiert zurück.“ Auch um die Dokumentation müsse sich die Apotheke nicht mehr kümmern, da diese in der Praxis erfolge.
Das System ist Meyer-Philippi zufolge nicht manipulierbar: So berücksichtige die Waage das spezifische Gewicht von Methadon – wird das Mittel durch Wasser ersetzt, schlägt das Gerät Alarm. Mediziner könnten zudem mit dem Automaten spontan die individuelle Dosis ändern – ohne beispielsweise nicht gebrauchtes Methadon aufwändig vernichten zu müssen. Und die Krankenkassen schließlich profitieren, weil nur das tatsächlich abgegebene Methadon auch abgerechnet werde.
Bezahlt wird der Automat von der Apotheke – im Betäubungsmittelbereich gilt das Verbot der Zusammenarbeit von Medizinern und Pharmazeuten nicht. Ab 15 Patienten beträgt die Miete für kleinere Automaten etwa 400 Euro monatlich, ab 35 Patienten sind es rund 800 Euro. Wartungs- und Schulungskosten sind inbegriffen, der Vertrag ist jederzeit kündbar.
Wie viel die Apotheken an der automatenbasierten Substitution verdienen, ist von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich: Teils orientiert sich die Vergütung an der Hilfstaxe, in Berlin etwa gibt es eine Pauschale von 2,99 Euro pro Dosierung.
Rund 230 Einrichtungen arbeiten laut Meyer-Philippi mit MeDoSys, dazu gehörten auch Entzugskliniken und Gefängnisse. Die Zahl der Apothekenkunden betrage rund 100 – einige haben mehrere Automaten im Einsatz.
CompWare Medical wurde 1986 gegründet. Zunächst wurden EDV-Anwendungen für die Medizin angeboten, wenige Jahre später spezialisierte sich das Unternehmen auf Drogenmedizin. Der Anlass war ein Pilotprojekt mit der AOK im Frankfurter Raum: Meyer-Philippi und sein Team sollten ein System zur Methadon-Dispensation entwickeln.
Derzeit beschäftigt CompWare Medical 35 Mitarbeiter, 2011 wurden 3 Millionen Euro umgesetzt. Nach Unternehmensangaben ist das Automatensystem weltweit einzigartig – im Ausland ist CompWare Medical besonders stark in Österreich vertreten, auch in den USA steigt die Nachfrage. Außerdem engagiert sich das Unternehmen in Entwicklungs- und Schwellenländern. Ab 2013 sollen die Dosierautomaten auch in der Schweiz angeboten werden.
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