Im Bus zum Blutdruckmessen nach Holland

DocMorris startet pDL-Shuttles

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Berlin -

Das E-Rezept kommt nicht und kommt nicht und kommt nicht, und bei DocMorris sitzen dem Management die Aktionäre im Nacken. Aber halt, war da nicht noch ein Geldtopf, der dringend auf Abschöpfung wartet? ApoRetro – Der satirische Wochenrückblick.

Das ist aber eine nette Idee, fand der Aachener Rentner Hugo Winckelstein. Beim Durchblättern des SUPER Sonntag war ihm die Anzeige aufgefallen: „Busfahrt zum Blutdruckmessen nach Holland“. Seit er Witwer war, bildeten derlei organisierte Ausflüge regelmäßige Höhepunkte in seinem ansonsten oft gleichförmigen Alltag. Warum nicht mal mit diesem ihm noch unbekannten Reiseunternehmen „DocMorris“ auf Ausflug gehen. Und Blutdruck könnte tatsächlich mal wieder gemessen werden, der letzte Arztbesuch zum Quartalsbeginn war immerhin schon wieder ein paar Wochen her.

Was Herr Winckelstein nicht wusste: Auf die Idee gekommen war bei DocMorris ein pfiffiger Vertriebsmitarbeiter, der auf der Suche nach neuen Erlösquellen selbst über eine Flixbus-Anzeige gestolpert war: „Günstige Fernbus-Reisen ab 4,99 Euro“. Moment mal, konnten Apotheken nicht für das einfache Blutdruckmessen („Standardisierte Risikoerfassung hoher Blutdruck“) seit Kurzem 11,20 Euro abrechnen – mithin also fast das Doppelte? Und vor allem: War der Topf nicht vollgepumpt mit Millionen, die sich offensichtlich niemand haben wollte?

Könnte man, so die kühle Logik weiter, nicht einen Bus mieten und dann die Teilnehmer nach Holland fahren, um ihnen in bester Kaffeefahrtmanier ein paar Zusatzverkäufe abzunötigen? War es nicht ohnehin allgemein anerkannter Sinn und Zweck solcher Veranstaltungen, wehrlosen Rentnern fernab der Heimat nutzlose und völlig überteuerte Dinge anzudrehen?

Und so nahmen die Dinge ihren Lauf. Pünktlich zum vereinbarten Ausflugstermin sammelte der knallgrüne Reisebus Herrn Winckelstein und ein gutes Dutzend weitere rüstige Senioren ein, die die Anzeige ebenfalls entdeckt hatten. Nach weiteren Zwischenstopps in Würselen, Kohlscheid und Richterich war der Bus dann gut gefüllt, und so ging es ohne weiteren Halt zur DocMorris-Zentrale niederländische Heerlen. Dort wurden Kaffee und Kekse gereicht, Blutdruck gemessen und ein Medikationsplan erstellt. Auch die Anwendung von Inhalative wurde Herrn Winckelstein erklärt, und nur rein vorsorglich wurde er noch in die korrekte Einnahme oraler Krebsmedikamente eingewiesen. Nur das Rezeptabo hatte Herr Winckelstein eigentlich nicht gewollt, weil er eigentlich gerne zum Arzt und in die Apotheke ging und sich dort seine Medikamente, ein paar freundliche Worte und die Umschau holte. Aber ansonsten war es ein wirklich schöner Tag gewesen. Fand seine Krankenkasse eher weniger...

Rezeptabo bis auf Widerruf

Festhalten! Den Rezeptabholservice gibt es wirklich: Kundinnen und Kunden können das neue Angebot kostenlos buchen, DocMorris besorgt die gewünschten Verordnungen dann in der Praxis und schickt die Medikamente – und zwar so lange, bis der Versicherte den Widerruf erklärt. „Einmal bestellt – immer versorgt“, lautet die Devise. Die Kosten übernimmt die Krankenkasse, das Risiko trägt der Kunde selbst. Bei mehreren Apothekerkammern gibt es Zweifel, ob das Angebot zulässig ist, die rechtliche Prüfung läuft.

Und das E-Rezept? Soll jetzt wirklich kommen, zum 1. Juli als eGK-Version und ab 1. Januar als Pflichtformat. Die Ärzte haben zwar bei der Gesellschafterversammlung dagegen gestimmt, auch weil noch Zweifel an der tatsächlichen Readiness der Apotheken bestehen. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) teilt diese Sorge nicht, Apotheker seien doch „Pioniere der Digitalisierung“. Daher hat er den Starttermin mit seiner Stimmmehrheit durchgedrückt, das geht auch ohne Verstaatlichung der Gematik, die weiter auf sich warten lässt. Und so lautet die Devise: Üben, üben, üben. Und gegebenenfalls Konnektor austauschen.

Die Apotheken schlagen sich derweil mit ganz profanen Problemen rum: Erst war in dieser Woche ADG kurzzeitig ausgefallen, dann Securpharm. Und Sertralin war mit Sildenafil verunreinigt und Wick muss wegen veralteter Warnhinweise zurück.

Und natürlich ging es auch in dieser Woche wieder absurd zu: Zum AOK-Rabattpräparat Tamsulosin Basics etwa gibt es einen Zwilling, der keinesfalls zu Lasten der Kasse abgegeben werden sollte, wenn man eine Retax vermeiden will. Kürzungen auf Null sollen zwar mit dem ALBVVG weitgehend gestrichen werden, genau wie die Präqualifizierung. Doch das könnte noch dauern, auch wenn der Bundesrat am kommenden Freitag grünes Licht gibt. Stichwort: Schiedsstelle.

Nächste Protestwelle

Die Abda will im Herbst weiter protestieren und füllt bei den Mitgliedsorganisationen schon einmal für die kommenden Jahre die Kriegskasse. Auch die Adexa will sich dem nächsten Streik für mehr Geld anschließen. Rein vorsorglich gab Lauterbach bei Markus Lanz schon einmal zu Protokoll, dass ihn Demos vor seinem Haus nicht beeindrucken können. Und dass er die Eckpunkte zur Klinikreform mit den Ländern am Donnerstag durchbringen werde. Zumindest das hat ja nun – vollkommen überraschend natürlich – nicht geklappt. Vielleicht sollte man doch mal miteinander reden. Nur so als Idee.

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