Jede zweite Behandlung = E-Rezept

DocMorris kauft Teleclinic

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Berlin -

Verschreibung und Abgabe unter einem Dach: Auf dem Weg zur Gesundheitsplattform holt sich DocMorris jetzt Tele-Ärzte an Bord. Nicht dem bisherigen Partner Kry, sondern Teleclinic gehört die Zukunft. Der Mutterkonzern Zur Rose kauft den Telemedizin-Anbieter für einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag. Zuletzt hatte sich Teleclinic aus den – eher halbherzig betriebenen – Projekten mit Ärzten und Apothekern zurückgezogen.

2015 gegründet, habe sich Teleclinic in kurzer Zeit als führender Anbieter von telemedizinischen Dienstleistungen – einschließlich digitaler Rezepte und Krankheitsbescheinigungen – etabliert, so Zur Rose. Die „beeindruckenden operativen Kennzahlen und das Wachstum“ unterstrichen das enorme Potenzial von Fernbehandlungen und von digitalen medizinischen Dienstleistungen. Deren Akzeptanz und Durchdringung werde aufgrund der mit Covid-19 verbundenen Abstandsregeln rasch zunehmen.

Zur Rose rechnet damit, dass bei der Hälfte der über die Plattform durchgeführten Konsultationen E-Rezepte ausgestellt werden – ein „hochkomplementärer Aspekt der Akquisition“, der das E-Commerce- und Marktplatz-Geschäft der Gruppe unterstütze. Durch die Bündelung der Kompetenzen baue man die Führungsrolle als Systemanbieter für E-Rezept-Lösungen in Deutschland aus. Konsequent treibe man nun gemeinsam die digitale Transformation der Branche voran.

Für Zur Rose stelle Teleclinic entsprechend einen strategisch wichtigen Baustein im eigenen „Gesundheitsökosystem“ dar, das durch den Kauf um telemedizinische Dienstleistungen erweitert werde. Telemedizin sei eine entscheidende, bequeme Lösung entlang der digitalen Gesundheitsreise des Patienten sowohl bei akuten als auch bei chronischen Erkrankungen. Angesichts von mittlerweile mehr als 9 Millionen Kunden sieht Zur Rose beträchtliches Potenzial für die Skalierung des Geschäfts von Teleclinic.

„Als größte E-Commerce-Apotheke auf dem Weg zum Gesundheitsökosystem Europas sehen wir unsere Aufgabe darin, die Menschen in die Lage zu versetzen, ihre Gesundheit zu managen“, so CEO Walter Oberhänsli. „Mit Teleclinic als integriertem Akteur in der Zur-Rose-Gesundheitsplattform werden wir, zusätzlich zum Medikations- und Apotheken-Produktportfolio, digitale Lösungen anbieten können, die den Patientinnen und Patienten ein besseres Leben ermöglichen.“

„eHealth-Anwendungen werden zukünftig ein elementarer Bestandteil der medizinischen Versorgung sein. Durch den Telemedizin-Service von TeleClinic können wir unseren rund 9 Millionen aktiven Kunden, welche die Zur Rose-Gruppe entweder direkt oder über ihre Partner beliefert, inklusive Versandhandelsgeschäft von Apotal-Kunden, einen niedrigschwelligen Zugang zur Gesundheitsversorgung bieten und schaffen attraktive Mehrwerte für unsere Partner auf dem DocMorris-Marktplatz“, so DocMorris-Chef Olaf Heinrich.

Katharina Jünger, Gründerin und CEO von Teleclinic, betont: „Teleclinic hat sich für Patienten und Ärzte als eine wertvolle und gerne genutzte Erweiterung der Gesundheitsversorgung etabliert. Darüber hinaus gibt sie Ärztinnen und Ärzten die Möglichkeit, ihre Expertise flexibler und ortsunabhängiger anzubieten. Wir freuen uns sehr, dass Teleclinic zu einem integralen Bestandteil des digitalen Gesundheitssystems der Zur-Rose-Gruppe in Deutschland und Europa wird.“

Die bestehenden Partnerschaften mit der Ärzteschaft und ihren Organisationen, den Krankenversicherungen und Apotheken werde man erfolgreich fortführen und für die Zukunft stärken, so Jünger. „Durch die Kräftebündelung mit DocMorris kommen wir unserem Ziel, eine ideale Gesundheitsversorgung zur Verfügung zu stellen, einen großen Schritt näher.“

Jünger erklärt, warum sie und ihre Investoren – verschiedene Internetmillionäre, die Eigentümerfamilie von Dr. Willmar Schwabe, GHD-Gründer Andreas Rudolph und CGM-Großaktionär Reinhard Koop – sich nach ausführlichen Überlegungen zu diesem Schritt entschieden haben: „Die Zur-Rose-Gruppe hat ihre Strategie im letzten Jahr signifikant an den deutschen Markt angepasst und den Wandel hin zu einem Plattform Anbieter für alle Apotheken – vor Ort und Versand – vollzogen. Wir schätzen diesen Wandel sehr und er war für uns ausschlaggebend, um mit der Zur-Rose-Gruppe zusammenzuarbeiten.“ Zur Rose sei damit der „passende Komplementär“ zu Teleclinic als „offene Plattform für alle deutschen niedergelassene Ärzte“.

Dass diese Strategie der richtige Schritt für Zur Rose gewesen sei, zeige sich auch in wichtigen Partnerschaften zum Beispiel mit der Techniker Krankenkasse. Außerdem kenne sie die handelnden Personen bei Zur Rose schon lange. „Der Gründer von Zur Rose ist, wie ich, Jurist und hat die Gruppe, ähnlich wie Teleclinic, inititial mit niedergelassenen Ärzten in der Schweiz aufgebaut, die noch heute Gesellschafter sind und auch im Verwaltungsrat eine wichtige Rolle spielen.“

Jünger und ihr Team werden Teleclinic weiterhin vom Standort München aus steuern. Als Experte für Videosprechstunden werde man die bestehenden Leistungen weiterentwickeln und sich wie bisher dafür einsetzen, dass der Online-Arztbesuch in Deutschland für alle Menschen zugänglich sei.

DocMorris werde seine Expertise in den Bereichen Pharmazie und E-Rezept einbringen, um gemeinsam die optimale Patientenversorgung weiter auszubauen: Durch die Integration der verschiedenen Versandapotheken und des Marktplatzes unter dem DocMorris-Dach sollen weitere „Einlösungsoptionen“ für das E-Rezept hinzu kommen – gemeint sind damit wohl Apotheken vor Ort. In Heerlen erwartet man, dass für bis zu 50 Prozent der über die Plattform durchgeführten Konsultationen elektronische Rezepte ausgestellt werden. „Hier liegen wesentliche Synergieeffekte von DocMorris und Teleclinic.“

Die Transaktion soll bereits Ende Juli abgeschlossen sein. Zur Rose besorgt sich parallel am Kapitalmarkt frisches Geld. 741.000 Aktien sollen neu ausgegeben werden, beim derzeitigen Kurs von rund 270 Euro dürfte sich die Kasse reichlich füllen lassen. Außer für die Übernahme von Teleclinic soll das Geld für die Finanzierung der Markteinführung von E-Rezept-Lösungen sowie europäischer Wachstumsinitiativen zur Verbreiterung der Kundenbasis durch organische Expansion und potenzielle Akquisitionen genutzt werden. Außerdem sollen Investitionen in Plattformen und Ökosystem-Partnerschaften ermöglicht werden. Die neuen Aktien sollen ab kommender Woche gehandelt werden.

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