Freundschaftswerbung

40 Euro pro Rezept: DocMorris ignoriert EuGH-Urteil

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Berlin -

DocMorris will seinen Rx-Umsatz steigern und setzt dabei auf die Empfehlung durch Kundinnen und Kunden. Wer aktuell einen Empfehlungscode weitergibt, erhält einen 20-Euro-Gutschein – ebenso die geworbenen Personen. Aber die Einlösebedingungen sind unterschiedlich. Die Aktion verstößt gegen das Urteil des Europäischen Gerichtshof (EuGH) von Ende Februar.

Mit der aktuellen Aktion baut DocMorris auf seine Bestandskundschaft, um die Rx-Umsätze anzukurbeln. Schließlich konnte der niederländische Versender diese im ersten Quartal im Vergleich zum Vorjahreszeitraum zwar deutlich steigern, während ein Wachstum im Vergleich zum Vorquartal ausblieb.

Kunden, die bereits ein E-Rezept in der Vergangenheit eingelöst haben, können einen personalisierten Link verteilen, von dem sie auch selbst profitieren, sofern der Angeschriebene ihn tatsächlich nutzt: „Nachdem Sie erstmalig Ihre Krankenkassenkarte eingelesen und ein E-Rezept über die DocMorris-App eingelöst haben, erhalten Sie und Ihr Freund den Gutscheincode per E-Mail“, titelt der Versender auf der zugehörigen Aktionsseite.

Bestandskund:innen finden den personalisierten Link im Kundenkonto der App. Dieser kann laut DocMorris beliebig oft geteilt werden. Pro Geworbenem kann folglich nur ein Gutschein erhalten werden; als maßgeblich gibt der niederländische Versender hier die Nummer der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) an.

Rx- plus OTC-Gutschein

Allerdings gibt es bei den Gutscheinen einen grundsätzlichen Unterschied: Während die geworbene Person bei der Einlösung eines E-Rezepts den Gutscheinwert auf die gesetzliche Zuzahlung bei Rx-Präparaten und darüber hinaus auch bei Non-Rx verwenden kann, bekommt der Bestandskunde pro geworbener Person bei der erstmaligen Einlösung seines E-Rezept einen Gutschein ausschließlich für verschreibungsfreie Produkte per Mail zugesandt.

Aktuell gibt DocMorris das Aktionsende mit dem 30. Juni dieses Jahres an; die Teilnahmebedingungen sowie die Höhe der Gutscheine könnten aber jederzeit geändert oder das Programm insgesamt vorzeitig beendet werden, heißt es seitens des Versenders.

Verstoß gegen Werbeverbot

Mit der Aktion setzt sich DocMorris einfach über das jüngste EuGH-Urteil hinweg, mit dem ähnliche Aktionen des Versenders für unzulässig erklärt wurden. Werbung für Rx-Arzneimittel ist laut EU-Richtlinie verboten; diese Vorschrift lässt sich laut EuGH auch auf Boni anwenden, sofern sie in Form von Gutscheinen auf nachfolgende Käufe von OTC-Präparaten gewährt werden. Dann nämlich drohe ein unnötiger Arzneimittelkonsum. Anders sieht es bei Barrabatten aus, die sofort etwa von der Zuzahlung abgezogen werden.

Da sich ein Verbraucher zwischen dem Kauf nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel und dem Kauf anderer Produkte – wie von Gesundheits- und Pflegeprodukten – entscheiden kann, stellen solche Gutscheine nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel diesen anderen Produkten gleich und lenken den Verbraucher so von einer sachlichen Prüfung der Frage ab, ob die Einnahme dieser Arzneimittel erforderlich ist.

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