DocMorris-Automat

Hüffenhardt: Einmal Holland und zurück Patrick Hollstein, 31.05.2017 15:19 Uhr

Berlin - 

Im Streit um den Arzneimittelautomaten in Hüffenhardt ließ sich DocMorris bislang nicht in die Karten gucken. Doch im Prozess kommen nun die ersten Details zur Abwehrstrategie ans Licht. Mit einigen Tricks versucht die Versandapotheke das deutsche Apothekenrecht auszuhebeln.

Prozessbeobachtern zufolge war es eine zähe Sitzung, die heute vor dem Landgericht Mosbach stattfand: Anträge mussten umgeschrieben werden, die Vorsitzende Richterin und die beiden Handelsrichter erkundigten sich nach vielen technischen Details. Die grundlegenden Positionen waren klar: Als nicht genehmigten Apothekenbetrieb wertet der Landesapothekerverband die Abgabstelle in den Räumen einer ehemaligen Apotheke. Als Spielart des Versandhandels wertet DocMorris sein Modell.

Doch zwischen all den technischen Schilderungen der Abgabevorgänge blitzen gelegentlich interessante Details durch: So gaben die Vertreter von DocMorris zu Protokoll, dass die Versandapotheke nicht Mieter der Betriebsräume sei, sondern die Tochterfirma Tanimis. Auch das Lager gehöre nicht DocMorris, sondern dem beliefernden deutschen Großhändler. Der Eigentumsübergang finde erst im Moment des Etikettierens kurz vor der Abgabe statt.

In Räumen, die nicht der Apotheke gehören, werden also Medikamente abgegeben, die ebenfalls nicht der Apotheke gehören – DocMorris setzt vor Gericht ganz auf die Karte Versandhandel und bemüht sich nicht einmal, irgendwelchen apothekenrechtlichen Standards zu genügen. Was ohnehin aussichtslos wäre, da DocMorris als Kapitalgesellschaft ja keine Betriebserlaubnis erhalten würde.

Der Anwalt des Apothekerverbands, Dr. Timo Kieser von der Stuttgarter Kanzlei Oppenländer, fragte nach: Wie denn die vorgeschriebene Prüfung der Fertigarzneimittel erfolge, wenn das Lager vom Großhändler befüllt und geführt werde? Ganz einfach, erwiderten die DocMorris-Vertreter: Die Ware werde erst nach Heerlen gefahren, dort geprüft und dann nach Hüffenhardt transportiert. Sehr glaubhaft kam das Beobachtern zufolge nicht rüber – auch wenn vor dem Hintergrund der geringen Nachfrage wohl bislang nicht allzu oft aufgefüllt werden musste.

Und wer ist nun der Großhändler, der DocMorris beim Angriff auf die Apothekenpflicht unterstützt? Diese Frage wurde nicht beantwortet – und von den Richtern auch gar nicht gestellt. Der Apothekerverband bestritt deshalb mit Nichtwissen, dass es ein solches Unternehmen gibt oder dass es eine Großhandelserlaubnis hat. Sollte das Thema im weiteren Verlauf des Prozesses als relevant angesehen werden, müsste DocMorris sich und seinen Partner outen. Womöglich gibt es aber auch gar keinen: Dem Regierungspräsidium wurde seinerzeit jedenfalls die Lagerung von Arzneimitteln nicht von DocMorris angezeigt, sondern von der Tochterfirma.

Am 14. Juni will das Gericht seine Entscheidung verkünden. Bis dahin gibt es einen weiteren Termin in der Sache: Am kommenden Mittwoch geht es um die Anträge von drei Apothekern aus der Region, die sich mit dem Automaten nicht abfinden wollen. Beate Rock, Inhaberin der Rock-Apotheken in Kirchhardt und Bad Rappenau, Dagmar Schäfer von der Schildwach-Apotheke in Epfenbach und Thomas Grzesiak, Inhaber der Stadt-Apotheke in Neckarbischofsheim, mahnten DocMorris wegen des Betriebs des Terminals ab. Da die Versandapotheke erwartungsgemäß keine Unterlassungserklärung abgab, ging der Fall vor Gericht. Unterstützt werden die Apotheker von der Noweda. Der Essener Großhändler hat im Namen der Kunden eine Frankfurter Kanzlei mit der Klage beauftragt. Allerdings ist für den Fall ein anderer Richter zuständig.

Der LAV will DocMorris verbieten lassen, den Betrieb in der bisherigen Art weiterzuführen. Begründet wurde der Antrag damit, dass DocMorris, ohne hierfür eine Erlaubnis in Deutschland zu besitzen, einen Apothekenteilbetrieb unterhalte, sich der behördlichen Überwachung entziehe und hierdurch wettbewerbsrechtliche Vorteile erziele. Die Versandapotheke argumentiert, dass in dem Geschäftsraum in Hüffenhardt ein Arzneimittelversand mit anschließender automatisierter Arzneimittelausgabe angeboten wird.

DocMorris hatte am 19. April in der baden-württembergischen Gemeinde seinen Abgabeautomaten eröffnet. Zwar ließ das Regierungspräsidium Karlsruhe das Terminal nach nur 48 Stunden wieder schließen, doch die Klage der Versandapotheke gegen den Bescheid hat aufschiebende Wirkung bezüglich der OTC-Abgabe. Rezepte dürfen am Automaten dagegen weiterhin nicht abgegeben werden; allerdings will DocMorris auch hier eine Freigabe bis zum Abschluss des verwaltungsrechtlichen Verfahrens erstreiten.

Je nach Ausgang der Eilverfahren bleibt das Terminal dann bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens geschlossen oder in Betrieb. DocMorris muss beide Verfahren gewinnen, um das Terminal in Zukunft zu betreiben. Nicht weniger als die Apothekenpflicht steht auf dem Spiel.