DocMorris meldet sich in Hüffenhardt zurück: Am Arzneimittelautomaten in der ehemaligen Brunnen-Apotheke können zwar keine Rezepte mehr eingelöst, dafür aber wieder OTC-Medikamente gekauft werden. Wie das? Offenbar hat das Regierungspräsidium die Apothekenpflicht aus prozesstaktischen Gründen geopfert – zumindest vorläufig. Der Vorgang zeigt, wie kniffelig die Sache rechtlich werden könnte.
Am Freitag hatte das Regierungspräsidium Karlsruhe die Arzneimittelabgabe am DocMorris-Automaten untersagt. Zuvor hatten Vertreter der Behörde den Geschäftsbetrieb vor Ort inspiziert. Nach nur zwei Tagen war der Spuk vorbei. Am Montag wurde die Untersagungsverfügung schriftlich zugestellt.
Doch nun meldete sich DocMorris zurück. Im „Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten“ werde der Automat wieder in Betrieb genommen, teilte die Versandapotheke mit. Die beim Verwaltungsgericht Karlsruhe (VG) eingereichte Klage gegen die Verfügung des Regierungspräsidiums bewirke, dass zumindest die Abgabe von nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln bis zur gerichtlichen Entscheidung gestattet sei. Rezepte dürften aufgrund der behördlichen Verfügung derzeit nicht bearbeitet werden. Parallel geht DocMorris mit einem Eilantrag auch gegen das Verbot für Rx-Arzneimittel vor.
Damit hat die Klage aufschiebende Wirkung: Zumindest bis zur zweiten Instanz – also bis zum Verwaltungsgerichtshof – dürfte DocMorris damit am Automaten OTC-Medikamente verkaufen. Je nachdem, ob die Versandapotheke mit ihrem Eilantrag erfolgreich ist, könnte der Rx-Bereich wieder dazu kommen. Bis zu einem abschließenden Urteil durch das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) kann es sogar Jahre dauern. Dass das Regierungspräsidium die Selbstmedikation am Automaten für diesen möglicherweise langen Zeitraum freigegeben hat, ist ein Hinweis, dass der Jubel vieler Apotheker womöglich zu früh gekommen ist.
Ein Sprecher des Regierungspräsidiums bestätigte, dass in der Verfügung nur für den Rx-Bereich der Sofortvollzug angeordnet gewesen sei. Nach Abwägung sei man zu dem Schluss gekommen, dass diese Unterscheidung gerechtfertigt und angemessen sei. Der Rx-Bereich müsse nach anderen Maßstäben bewertet werden als das Segment der verschreibungsfreien Arzneimittel. Der Gesetzgeber habe Medikamente mit einem besonderen Beratungsbedarf der Rezeptpflicht unterstellt.
Der Sprecher stellt aber klar, dass das Verbot sich auf beide Bereiche bezieht – dass also die Abgabe sowohl von verschreibungs- als auch von apothekenpflichtigen Medikamenten am Automaten als rechtswidrig angesehen wird. Dass die OTC-Abgabe vorerst erlaubt bleibt, könnte also auch prozessualen Erwägungen geschuldet gewesen sein: Womöglich hatte die Aufsicht die Sorge, im Eilverfahren den Sofortvollzug für beide Bereiche zu verlieren.
Zwar hatte auch das Regierungspräsidium das Visavia-Urteil des BVerwG im Hinterkopf, auf das sich DocMorris im Wesentlichen stützt. Doch anders als in Heerlen vertritt man in Karlsruhe die Auffassung, dass zwar die OTC-Abgabe über ein Terminal während der Öffnungszeiten erlaubt ist. Eine Entkopplung von Apotheke und Abgabestelle sei aber nicht zulässig. „Das Terminal muss an der Außenwand einer Apotheke installiert sein.“
Das Referat 25 unter der Leitung von Regierungsdirektor Uwe Hempelmann hatte seine Entscheidung darauf gestützt, dass der Verkauf apothekenpflichtiger Arzneimittel strengen Anforderungen unterworfen sei. Die Abgabe in Hüffenhardt erfolge nicht in einer Apotheke und sei auch nicht von der Versandhandelserlaubnis umfasst. Der Versand müsse aus einer öffentlichen Apotheke heraus erfolgen, was notwendigerweise mit einer individuellen Versendung oder Auslieferung an einen Dritten oder eine Abholstation verbunden sei.
Die Abgabe aus einem vorab mit einem Arzneimittelvorrat befüllten Lagerautomaten sehe diesen Schritt gerade nicht vor. „Die Automatenabgabe verwischt in unzulässiger Weise die Grenze zwischen dem Versandhandel und der Abgabe von Arzneimitteln in einer Präsenzapotheke. Letztere unterliegt hinsichtlich der Räumlichkeiten, der Ausstattung und des Fachpersonals hohen gesetzlichen Anforderungen, die durch das Abgabeterminal umgangen werden.“
Zusätzlich werde bei der Abgabe von Rx-Medikamenten bei der Prüfung der Rezepte am Terminal gegen Formvorschriften der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) verstoßen, die aus Gründen der Arzneimittelsicherheit von jeder Apotheke einzuhalten seien. „Die Untersagung war daher zur Gewährleistung der Arzneimittelsicherheit und einer breiten Arzneimittelversorgung durch gut ausgestattete Präsenzapotheken notwendig.“
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