Mit sorgsam zurecht gelegten Worten greift Christoph Werner, Chef des Karlsruher dm-Konzerns, wieder einmal die Apothekenbranche an. Verkürzt lautet die Botschaft: Drogerien können Apotheken ersetzen, persönliche Beratung durch Approbierte in ausschließlich inhabergeführten Betrieben braucht es in Zeiten von E-Rezept und ePA nicht. Das Apothekensterben mit Geld zu stoppen, wäre der falsche Weg.
Werner gab jetzt den „Badischen Neuesten Nachrichten“ ein Interview, in dem er sich zur Ausrichtung von dm positionierte. Man sei bereit, Arzneimittel zu verkaufen, sobald dies gesetzlich erlaubt würde. Der Warenbereich Gesundheit, zu dem der Konzern aber auch die angebotenen gesunden Nahrungsmittel – das „Trockensortiment an Biolebensmitteln“ – zählt, entwickele sich gerade gut, weshalb der Bereich Gesundheit auch so viel Potenzial berge.
Hier spiele der Drogeriekette auch der demographische Wandel in die Karten. Die alternde Gesellschaft führe zu einer zunehmenden Bedeutung von Gesundheit. „Nicht nur, dass die älteren Menschen mehr Gesundheitsprodukte kaufen werden. Die Jüngeren beschäftigt, wie sie gesund alt werden können und wollen etwas dafür tun – beispielsweise, indem sie präventiv jetzt schon gesundheitsfördernde Artikel kaufen. Der Trend ist eindeutig: Sie sehen das auch daran, wie viele junge Menschen Health-Uhren am Handgelenk tragen, um ihre Biodaten im Blick zu haben.“
Dass für dm der Griff zum Apothekengeschäft nahe liegt, zeigt auch Werners Auffassung zur Aufgabe der Apotheken: „Das Rezept des Patienten ist heutzutage eigentlich keine Rezepturanweisung mehr, sondern ein Abholschein.“ Als Grund für die vielen schließenden Apotheken sieht Werner den Mangel an Nachfolger:innen, aber auch das festgeschriebene Vergütungssystem.
Er vergleicht das mit dem Wegfall der Preisbindung für Drogeriewaren 1974, was den Markt deutlich dynamisiert habe. Apotheken stellten heute kaum noch Rezepturen selbst her und seien demnach eher Abgabestellen, die es offenbar zu liberalisieren gelte. Drugstores mit Apothekenschaltern wie in den USA seien ein „Vorbild fürs ganze Land“, wo Werner.
Angesprochen auf die Beratung in den Apotheken verweist Werner auf das E-Rezept und die elektronische Patientenakte (ePA). „Beides schafft zusätzliche Sicherheit zum Zeitpunkt der Verschreibung. All das verändert den Markt.“
Eine verlässliche Gesundheitsversorgung würde durch das Apothekensterben zunehmend schwierig. „Das Problem könnte man mit Geld zuschütten – letztlich würde dafür der Patient über seine Krankenkassenbeiträge oder der Steuerzahler über Zuschüsse aus dem Bundeshaushalt aufkommen“, meint Werner. Es brauche stattdessen neue Rahmenbedingungen, „damit neue Lösungen für eine leistungsfähige Gesundheitsversorgung der Menschen sich entwickeln“. Zitat in Anlehnung an Bill Gates: „Bankdienstleistungen sind notwendig, Bankfilialen sind es nicht.“
Ob man sich bei dm auch zutrauen würde, solche Aufgaben zu übernehmen, um die Hausarztpraxen zu entlasten? „Ich würde uns zutrauen, dass wir auch bei einem solchen Thema mit guten Ideen aufwarten könnten. Es würde aber sicherlich auch andere mit guten Ideen geben, inklusive vieler Apotheker, die ihr Geschäftsmodell weiterentwickeln würden.“
Und Impfungen? „Impfdosen können heute ganz anders verabreicht werden, als es früher der Fall war. Da können wir uns als Gesellschaft schon fragen, wie eine solche Dienstleistung besser angeboten werden kann, damit sie weiterhin verfügbar und erschwinglich bleibt.“
APOTHEKE ADHOC Debatte