Die Digitalisierung kommt – das können auch Marktforscher beobachten. Das hat auch für die Händler Folgen: Denn der Markt konzentriere sich zunehmend auf den autonomen Konsumenten, erklärt Andreas Liedtke, Partner bei der Unternehmensberatung A.T. Kearney, auf der Digitalkonferenz VISION.A von APOTHEKE ADHOC. Liedtke empfiehlt den OTC-Herstellern, über den Tellerrand zu schauen und mit Konsumgüterherstellern und Technologieunternehmen zusammenzuarbeiten.
Aus Sicht von Liedtke ist der OTC-Markt ein starker Markt, der sich in der Vergangenheit stark ausgefächert hat – und sich weiter ausfächern wird. Der Unternehmensberater erwartet, dass sich der Markt nun bei einem langsameren Wachstum einpendeln wird. Lediglich „Power Brands“ wie etwa Aspirin oder Voltaren würden sich auch weiterhin „fantastisch entwickeln“.
Der autonome Konsument, der sich um seine Gesundheit sorge und in seine Gesundheit investiere, werde wichtiger, beobachtet Liedtke. Dieser Trend erfasse aber nicht nur die OTC-Hersteller, sondern auch die Nahrungsmittelindustrie und Technikanbieter. Dadurch entstünden neue Unternehmen und Plattformen, mit denen Kunden gebunden werden.
Liedkte hält es für verblüffend, mit welcher Geschwindigkeit die Konsumgüterunternehmen im Gesundheitsbereich Fuß gefasst haben. Davon könne man lernen, sagt er mit Blick auf Multikanalmanagement, Technologie in den Geschäften und der Präsentation der Sortimente. „Da lassen sich viele Inspirationen holen“, findet Liedtke. Aus seiner Sicht müssen auch die Apotheker proaktiver werden und ihre Rolle in dieser Vielzahl an Ökosystemen finden.
Die Digitalisierung schafft Liedtke zufolge Möglichkeiten für neue Geschäftsmodelle. „Das beginnt gerade erst“, sagt er. Als Beispiel führt er „Tria Skin“ an, Lasergeräte für die Behandlung von Falten und die Haarentfernung. Ein Produkt, dass zuvor im medizinischen Bereich angewendet worden sei, dürfe in Kanada bereits zu Hause verwendet werden. Das Produkt sei kommerziell sehr erfolgreich, auch dank der Vermarktung in sozialen Netzwerken und Blogs von Anwendern.
Die Plattformen, die diese Art von Produkten ermöglichen, sind aus Sicht von Liedtke „überraschend vielfältig“. Die App „Spruce“ ermögliche es Nutzern, Fotos von einer Hautirritation zu fotografieren und online an einen Dermatologen zu schicken. Der prüfe die Bilder, stelle eine Diagnose und verschreibe gegebenenfalls ein Rezept. „Es gibt immer mehr Applikationen, die ähnliche Anwendungsfelder zeigen“, sagt Liedtke.
Die App „Sense.ly“ ist eine Art „virtuelle Krankenschwester“. Sie kontrolliert, ob der Behandlungskalender eingehalten wird und interagiert mit dem Arzt. Solche Anwendungen seien in Deutschland zwar nicht denkbar – „aber der Weg geht dahin“, so Liedtke. Darum müssten sich die drei Industrien – Gesundheit, Konsumgüter und Technologie – zusammentun. Liedtke empfiehlt, dabei mit verschiedenen Kooperationspartnern zu arbeiten. „Man sollte eher Chips auf verschiedene Felder setzen, als sich zu früh an bestimmte Plattformen zu binden.“
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