Warum kaufen Kunden bei Versandapotheken? Aus Bequemlichkeit? Wegen der Anonymität? Wegen des günstigeren Preises? Die Unternehmensberatung Sempora hat sich die Daten von Insight Health genauer angesehen und die Zugpferde unter den OTC-Kategorien ausgemacht.
Sempora hat mehr als zehn Millionen OTC-Warenkörbe aus dem Zeitraum Januar bis Juli 2018 mit mehr als 30 Millionen Bonpositionen und 40 Millionen Packungen analysiert, um das Kaufverhalten bei Versandapotheken zu entschlüsseln. Fazit: Verbraucher geben im Durchschnitt 43,69 Euro pro Kauf in Internetapotheken aus. Dabei liegen rein statistisch 2,8 unterschiedliche Produkte im Warenkorb und etwa 3,8 Packungen.
Dabei gibt es je nach Kategorie deutliche Unterschiede: So liegt die Durchschnittsbestellung bei 60,76 Euro und damit 39 Prozent höher, sobald sich Grippeprodukte wie Grippostad, Wick Medinait oder Aspirin Complex im Warenkorb befinden. Gleichzeitig bestellten die Käufer 5,8 unterschiedliche Produkte, insgesamt 7,5 Packungen. Laut Sempora werden also unterschiedliche Erkältungsprodukte gleichzeitig bestellt, um die verschiedenen Symptome zu bekämpfen. „Dieses aus der stationären Apotheke bekannte Kaufverhalten überträgt sich offensichtlich auch auf Internetbestellungen – trotz der im Zweifel längeren Wartezeit auf die Lieferung des Versandhandels.“
Bei hochpreisigen Produkten wie Probiotika liegt der Warenkorb bei 77,82 Euro; allerdings werden hier nur 3 Produkte beziehungsweise 4,2 Packungen bestellt. Ähnlich sieht es bei Ginkgo-Produkten aus; hier liegt der Warenkorb bei 100,36 Euro bei 3,5 Produkten beziehungsweise 4,5 Packungen.
Um herauszufinden, was die Kunden in die Arme der Versender treibt, hat sich Sempora die Reihenfolge angesehen, in der Produkte in den Warenkorb gelegt wurden. Laut Analyse stehen teure Produkte mit hohen absoluten Rabatten ganz oben auf der Einkaufsliste stehen, waren also Anlass für den Kauf im Internet: Mit 15,18 Euro sind diese Produkte 32,7 Prozent teurer als das nachfolgende Produkt. Gleichzeitig realisiert der Kunde mit diesen Marken im Schnitt einen Rabatt von 8,79 Euro. Das sind rund 60 Prozent mehr als mit den Produkten der zweiten Bonposition (5,49 Euro).
Die prozentualen Rabattauslobungen auf den Websites der Versandhändler haben laut Sempora primär die Rolle, Zusatzkäufe günstigerer Produkte zu stimulieren, jedenfalls sind sie nicht der eigentliche Anlass zum Kauf im Internet: Die relative Ersparnis liegt bei allen Bonpositionen zwischen 27 und 29 Prozent.
Typische Zugpferde für den Versandhandel sind laut Sempora Probiotika und Ginkgo-Präparate. Diese sind für jeweils mehr als die Hälfte der entsprechenden Konsumenten der Anlass zum Kauf, der sogenannte Leader-Anteil im Warenkorb liegt bei 52 beziehungsweise 58 Prozent. Zum Vergleich: Bei Analgetika oder Grippemitteln liegt der Anteil auf Position 1 im Warenkorb bei 30 beziehungsweise 20 Prozent. Allerdings scheint es mit der Kundentreue so eine Sache zu sein: So bestellen zum Beispiel 80 Prozent der Käufer der Marke Omni Biotic diese innerhalb von zwölf Monaten kein weiteres Mal im Versandhandel. Ähnlich sieht es bei den anderen Probiotika aus.
Laut Thomas Golly, Managing Partner bei Sempora, sollte die Industrie den Versandhandel nicht als reinen Vertriebskanal begreifen, sondern die Perspektive des Konsumenten einnehmen. „Dabei ist es bei der Entschlüsselung des Käuferverhaltens entscheidend, die Mechanismen der jeweilige OTC-Marke und Indikation zur berücksichtigen und analytisch nicht auf der Ebene von Durchschnitten und Pauschalwerten stehen zu bleiben.“
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