Pharmazeutenfamilie

Die Heuking-OHG

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Berlin -

Mit drei Apotheken sind die Heukings die führende Pharmazeutenfamilie in Dinslaken. Jetzt tritt Gründervater Werner als Filialleiter freiwillig ins zweite Glied und überlässt den Kindern die Führung.

Seit knapp vier Jahrzehnten ist Werner Heuking bereits Apotheker. Unmittelbar nach seinem Studium eröffnete er 1979 die Kreuz-Apotheke im Dinslakener Stadtteil Lohberg. „Der Stadtteil war damals sehr von der Zeche geprägt. Sie wurde 2005 geschlossen. Den damit eingeleiteten Strukturwandel habe ich für eine Chance gehalten.“ Das Gesicht des Ortsteils habe sich gewandelt: „Es entstand ein neues Wohngebiet. Unmittelbar gegenüber der alten Förderanlage wurde ein wunderbarer Park mit Teich angelegt. Ich finde das toll.“

An seine Arbeit habe er immer hohe Maßstäbe angelegt: „Mein Anspruch ist, dass alles was hier in der Apotheke passiert, top sein muss. Wir sind Dienstleister für die Pharmazie. Für uns ist das Arzneimittel das Medium, um den Patienten mit unserem Wissen zu helfen.“ Dazu zählten auch kundengerechte lange Öffnungszeiten von 8 bis 20 Uhr. „Aber es ist nicht damit getan, die Apotheke morgens auf- und abends wieder zuzumachen. Ich habe ein offenes Ohr für meine Kunden. Meine Tür ist für alle offen.“

Die Unterstützung gehe da schon mal über rein pharmazeutische Fragen hinaus. „Manche meiner älteren Patienten haben zum Beispiel nur eine geringe Rente. Da habe ich abgewogen, wer was bezahlen kann und wer nicht und dann unbürokratisch zu helfen.“ Vielleicht hätten deswegen einige von ihnen zum Teil über viele Jahre hinweg die Treue gehalten und nähmen auch weitere Anreisen in Kauf, mutmaßt Heuking: „Obwohl auch andere Apotheken in ihrer Nähe sind, kommen unsere Patienten aus einem Umkreis von zehn Kilometern, der älteste sogar aus Bochum.“

Um beurteilen zu können, ob ein Medikament wirklich gebraucht werde, müsse man als Apotheker die Lebensumstände und familiären Verhältnisse eines Kunden kennen. „Der Arzt hat während der Sprechstunde nicht immer genügend Zeit für den Patienten. Es ist wichtig, miteinander im Gespräch zu bleiben und das richtige Arzneimittel zum richtigen Zeitpunkt bereitzustellen.“ Für einen Austausch auf Augenhöhe setzte sich Heuking von 1999 bis 2015 auch als 2. Vorsitzender des Apothekerverbands Nordrhein ein. Das „Grüne Rezept“ als Orientierungs- und Merkhilfe für nicht verschreibungspflichtige Medikamente sei seine Erfindung, sagt er. „Das Gemeinwohl soll immer im Vordergrund stehen, nicht die Interessen der Industrie oder der Politik.“

Viele Veränderungen seien den Apothekern durch die Politik aufgezwungen worden. Doch den Rabattverträgen kann Heuking durchaus positive Seiten abgewinnen. „Früher haben die Firmen Rabatte verschleudert, die Ärzte bekamen Zulagen, die eigentlich der Allgemeinheit gehörten“, meint er. „Wenn zu viel Gewinne übrig blieben, dann kamen sie den falschen Leuten zugute. Die Rabattverträge eröffnen auch die Chance, noch verstärkter mit den Kunden ins Gespräch zu kommen.“

Um eine Perspektive dafür zu entwickeln, wie die Apotheke in 20 Jahren aussehen könnte, gelte es, über den nationalen Tellerrand hinaus zu schauen: „Wie sieht es in den Niederlanden, in Österreich oder der Schweiz aus?“ Auf die ABDA setzt Heuking eher weniger. „Da wird zu viel verwaltet. Da wird auch nicht geschaut, ob jemand, der nach oben gespült wird, auch ein guter Mann ist.“

In den eigenen Apotheken setzte Heuking auf die Digitalisierung, um sich einem veränderten Patientenverhalten anzupassen. „Die Leute werden unbeweglicher, wir betreuen sie auch daheim. Auf unseren Websites können die Kunden ihre Medikamente vorbestellen, wir liefern sie auch aus.“

Schritt für Schritt leitete er derweil den Generationenwechsel ein. Alle drei Kinder sind in seine Fußstapfen getreten, eines hat es in die Industrie gezogen, die beiden anderen in die öffentliche Apotheke. Im Oktober 2005 übernahm Heuking Senior die anderthalb Kilometer entfernt gelegene Flora-Apotheke und machte Tochter Angela zur Filialleiterin.

Fortan nahm er sich mehr Zeit für private Passionen. In freiwerdenden Ladenlokalen gleich neben der Apotheke eröffnete er erst eine Kunstgalerie, dann einen Blumen- und Weinladen. Hier verbringt er heute verstärkt seine Zeit. Sein Qualitätsmaßstab gelte auch hier: „In der Galerie wollte ich von Anfang an keine Bilder ausstellen, die nach dem Prinzip Malen nach Zahlen entstanden sind. Heute bewerben sich die Künstler von selbst bei mir. Auch die Weine in meinem Sortiment müssen meinem Anspruch standhalten.“

An einen Ruhestand denke er nicht. „Ich bin froh, dass ich mit 70 noch so fit bin. Aber ich muss nun der nächsten Generation das Feld überlassen.“ Seit Gründung der OHG hätten nun die Kinder das Sagen. „Ich mische mich da nicht ein.“ Noch müssten sich die beiden zusammen raufen und in ihre Arbeit einfinden. „Wenn sie meinen Rat brauchen, dann bin ich gerne für sie da.“

Mit Lukas Heuking, Jahrgang 1982, ist jetzt das jüngste der drei Kinder zum Apothekenbesitzer geworden. „Mein Vater hat mir eigentlich vom Pharmaziestudium abgeraten“, erzählt er. „Wie meine Geschwister habe ich eine PTA-Ausbildung absolviert, für mich war das eigentlich zur Überbrückung bis zum Studium gedacht. Nach Beendigung stand ich vor der Wahl, ob ich Medizin oder Pharmazie studiere." Doch die PTA-Ausbildung habe den Ausschlag für die Offizin gegeben.

Nach dem Studium in Münster absolvierte er sein praktisches Jahr in Hessen und dann in Oberhausen, wo er zuletzt auch als angestellter Apotheker arbeitete. „Ich hörte, dass Jürgen Blasius in seiner Blasius-Apotheke dringend einen Approbierten brauchte. So kam ich 2014 nach Dinslaken zurück.“

Bevor er sie ganz übernehmen sollte, gründete er gemeinsam mit seiner Schwester die OHG. Die Gesellschaft kaufte auf einen Schlag gleich drei Apotheken, die Blasius-Apotheke und die beiden Betriebe seines Vaters. Seinen Vater als Filialleiter der Kreuz-Apotheke will er nicht missen. „Seine Expertise in der Pharmabranche, der Kammer und dem Apothekerverband ist uns eine große Unterstützung.“

Die Konkurrenzsituation sei entspannt, meint Lukas Heuking. „Wir haben weder zu wenig noch zu viel Apotheken in der Stadt.“ Jeder der drei Betriebe im Familienbesitz sei in einem anderen Ortsteil untergebracht. „Wir haben jeweils ein Kundenpotenzial von etwa 20.000 Einwohnern.“ In der Blasius-Apotheke sei er der einzige Approbierte. „Wenn Notdienst ist, helfen auch schon mal der Vater und die Schwester aus.“

Mit der OHG und den drei Apotheken wollen sich die Heukings für die Zukunft aufstellen. Die Zeiten seien unsicher für Vor-Ort-Apotheken geworden, meint Lukas Heuking. „Wir merken schon seit Jahren überall, dass viel aus OTC und der Freiwahl in den Internetversand wandert. Gerade diese Bereiche hatten den Apotheken das Überleben gesichert. Und dann kam vor einem Jahr das EuGH-Urteil zum Rx-Versand als Paukenschlag obendrauf.“ Da gelte es, die grundlegende Qualität der Arzneimittelversorgung und Beratung zu bewahren. „Ich stehe hier mindestens noch 30 bis 40 Jahre. Wer weiß, was noch passiert.“

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