Warentest

Die Hausapotheke – Phytopharmaka werden aussortiert Alexandra Negt, 18.10.2019 08:02 Uhr

Berlin - 

Warentest hat in der aktuellen Sonderpublikation „Die Hausapotheke" freiverkäufliche Arzneimittel für die gängigsten Erkrankungen innerhalb der Selbstmedikation getestet. Basis der Bewertung der Arzneimittel und Medizinprodukte war die aktuelle Studienlage zu den einzelnen Wirkstoffen. Das Buch beinhaltet ebenfalls Kapitel zur Aufbewahrung von Medikamenten, Handlungsempfehlungen im Notfall und Tipps zur richtigen Hygiene.

Das Buch „Die Hausapotheke“ gliedert sich in fünf Indikations-Kapitel: Fieber und Schmerzen, Erkältung und Schnupfen, Haut und Haare, Übelkeit und Erbrechen sowie Starke Nerven. Erklärt werden die Erkrankungen mit den dazugehörigen Symptomen, sowie eine mögliche Prophylaxe und Selbstmedikation. Informationen zu Arzneistoffen und ihrer Wirksamkeit werden tabellarisch aufgelistet und in kurzen Texten erläutert.

Zu Beginn findet sich eine Anmerkung zur Studienlage von traditionell angewendeten pflanzlichen Arzneimitteln. Warentest weist auf die weniger strengen wissenschaftlichen Kriterien zur Überprüfung der Wirksamkeit hin: Eine Zulassung erfolgt nach 30 Jahren, insofern die Anwendungsweise gut belegt ist und keine Bedenken gegen das Präparat bestehen. Homöopathika werden, aufgrund der fehlenden wissenschaftlichen Bewertungsgrundlage, nicht berücksichtigt.

Bei Erkältung und Schnupfen wurde nur das Paracetamol-haltige Präparat Grippostad Heißgetränk als geeignet bewertet. Kombipräparate wie Doregripin, Aspirin Complex und Wick MediNait wurden aufgrund einer nicht sinnvollen Arzneistoffkombination als wenig geeignet bewertet. Alle getesteten pflanzlichen Medikamente wurden mit dem Urteil „eingeschränkt geeignet“ oder „wenig geeignet“ beurteilt. Angocin, Esberitox und Pulmotin wurden aufgrund fehlender wissenschaftlicher Belege nicht empfohlen. Repha entgegnet dem Testurteil, dass das Unternehmen die Wirksamkeit von Angocin in verschiedenen Studien erfolgreich geprüft hat.

Zur Behandlung von Husten wird lediglich Dextromethorphan als geeignet eingestuft. Unter den Hustenlösern wurde kein Mittel als geeignet bewertet. Alle pflanzlichen Mittel erhielten das Testurteil „mit Einschränkungen geeignet“. Die aktuelle Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) zur Behandlung von akutem Husten bei Erwachsenen wurde aktualisiert. Präparate mit Cineol, Myrtol, Pelargoniumextrakt und Efeu gehören zur leitliniengerechten Standarttherapie.

Bei der Indikation Fieber bewertet Warentest alle Schmerzmittel als geeignet. Irreführend könnte der Hinweis sein, dass Acetylsalicylsäure (ASS) nicht bei Kindern unter zwölf Jahren mit Virusinfektionen wie Grippe oder Windpocken angewendet werden sollte. Eine Gabe von ASS sollte unter 12 Jahren unabhängig von der Erkrankung unterlassen werden. Bei Prellungen, Zerrungen und Verstauchungen wurde keine der getesteten Salben und Cremes als geeignet bewertet. Arnika, Beinwell und ätherische Öle erhielten aufgrund einer unzureichenden Studienlage das Testurteil „wenig geeignet".

Die Einnahme von pflanzlichen Mitteln bei Verdauungsbeschwerden ist laut Warentest begrenzt sinnvoll. Alle getesteten Präparate, darunter Iberogast, Carmenthin und Retterspitz, verfügten über keine ausreichende Studienlage. Bei Iberogast wurde zudem auf das enthaltene Schöllkrau verwiesen, welches als leberschädigend im Verdacht steht. Spezielle Magen-Darm-Tees empfiehlt die Stiftung lediglich als unterstützende Behandlung, da die ausreichende Wirksamkeit von ätherischen Ölen, Flavonoiden und Bitterstoffen nicht ausreichend belegt sei.

Im Kapitel Starke Nerven werden Empfehlungen zur Behandlung von Schlafstörungen gegeben. Die Einnahme von Doxylamin, Dimenhydrinat und Diphenhydramin wird als geeignet eingestuft. Der Verweis, dass Kinder ab zwölf Jahren bereits nach Rücksprache mit dem Arzt Antihistaminika bei Schlafstörungen einnehmen können, kann kritisch gesehen werden. In der Fachinformation von Betadorm-D ist die Einnahme unter 18 Jahre nicht angezeigt. Die Einnahme von Baldrianpräparaten wird, aufgrund des versetzten Wirkungseintritts nach ungefähr zwei Wochen und der allgemein schwächeren Wirkung, nicht empfohlen.

Die Testergebnisse zu Läusemitteln fallen unterschiedlich aus. Allethrin und Piperonylbutoxid (Jacutin Pedicul Spray) könnten bei der Anwendung eingeatmet werden und somit Asthmaanfälle und Nervenschäden verursachen. Dimeticon-haltige Produkte wurden nicht einheitlich beurteilt, so erhalten Dimet 20 und EtoPril das Urteil „Geeignet“, Nyda erhält hingegen das Urteil „Mit Einschränkungen geeignet“.

Im einleitenden Kapitel werden Handlungsempfehlungen für den Notfall gegeben. Warentest empfiehlt eine regelmäßige Auffrischung des Erste Hilfe Kurses. Zur richtigen Aufbewahrung wird die getrennte Lagerung von verschreibungspflichtigen und verschreibungsfreien Arzneimitteln empfohlen. Nach jedem Kapitel werden die Grenzen der Selbstmedikation aufgezeigt. Die Stiftung spricht sich für kleine Hausapotheken, die sich auf wenige Arzneimittel und Medizinprodukte beschränken, aus.