Die allerletzten DocMorris-Apotheken Carolin Bauer, 12.07.2018 10:07 Uhr
Wir befinden uns im Jahr 2018. Ganz Deutschland steht ohne DocMorris-Apotheken da. Ganz Deutschland? Nein! Im Saarland, wo alles begann, firmiert ein Betrieb weiter unter der emotional aufgeladenen Dachmarke. Das Franchise-Konzept sollte eigentlich Ende 2017 aus deutschen Fußgängerzonen verschwinden. Einige wenige Apotheker trotzten der Umfirmierungswelle. Die allerletzten DocMorris-Apotheken werden von Zur Rose toleriert.
Nach dem Verkauf der Marke DocMorris von Celesio (heute McKesson Europe) an Zur Rose Ende 2012, durften die Kooperationspartner ihre Apotheken bis zum Auslaufen der individuellen Verträge unter dem grünen Kreuz weiterführen. Nach und nach schlossen die rund 150 Standorte. Ende 2013 waren auf der firmeneigenen Landkarte noch rund 90 Apotheken gelistet. 2017 waren noch etwa ein Dutzend Franchise-Partner geblieben, zum Jahreswechsel sollte eigentlich Schluss sein. Doch eine Handvoll Standorte werden weiter als DocMorris-Apotheken betrieben.
Die Rechte an der Marke lagen fünf Jahre bei Celesio und sind im vergangenen Jahr wieder an Zur Rose übergegangen. In der Schweiz werden die letzten verbliebenen DocMorris-Apotheken offenbar geduldet. Eine davon davon liegt im saarländischen Homburg, Inhaberin ist Sonja Friedrich. Wie lange die Pharmazeutin noch unter dem grünen Kreuz firmieren will, ist nicht klar. Sie war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Dem Vernehmen nach soll der Standort jedoch keine hohen Umsätze abwerfen, die Kundenfrequenz niedrig und kein nennenswertes Offizingeschäft vorhanden sein. Die Apotheke soll seit Jahren zum Verkauf stehen.
Die Apothekerin sorgte mit der Eröffnung in Homburg, damals noch als Filiale, wie viele andere DocMorris-Apotheker für Aufsehen. Das Franchise-Konzept war bei Wettbewerbern meist nie gern gesehen. Homburg zählte einst die größte Apothekendichte Deutschlands. Diese Zeiten sind zwar vorbei, doch noch immer gibt es in der Kreisstadt zahlreiche Apotheken. Im Kollegenkreis sei die Eröffnung nicht unbedingt mit Wohlwollen zur Kenntnis genommen worden, erinnert sich ein Homburger Pharmazeut.
Umsatzmäßig hätten die Apotheken, die ihren Standort näher an der DocMorris-Apotheke hatten, den neuen Wettbewerber schon gespürt. „Das ist ein System, das keiner braucht“, sagt ein Apotheker. Ihm gehe es dabei nicht nur um die Homburger Kollegin, die Apothekerin sei unauffällig und steche nicht durch aggressive Werbeaktionen hervor. Vielmehr gehe es um den prinzipiellen Ansatz des Geschäftsmodells der Niederländer. „Die Kunden brauchen DocMorris nicht, die sind nicht gut für den Kunden.“ Nach der Eröffnung in Homburg wurde über die „McDorris-Apotheke“ gewitzelt.
Friedrich ist in der Region für unkonventionelle Ideen bekannt. Über die 2016 geschlossene Luitpold-Apotheke im saarländischen St. Ingbert betrieb sie vor knapp zehn Jahren eine Pick-up-Stelle in einem Blumenladen. Die Rezepte wurden aus dem Geschäft per Fax direkt an die Apotheke geschickt. Die Pharmazeutin betrieb damals noch eine zweite Pick-up-Stelle in einer Textilreinigung in Marpingen und hatte Expansionspläne.
Bereits damals machte Friedrich klar, dass es ihr nicht um das Ansehen bei der lokalen Apothekerschaft gehe: Sie habe sich mit Pick-up keine Freunde unter den Kollegen gemacht. Aber sie habe ohnehin einen schweren Stand, weil sie noch zwei DocMorris-Apotheken in St. Ingbert und Homburg als Filialen führe, sagte die Apothekerin 2009. Außerdem: „Hätte ich es nicht gemacht, hätte es jemand anderes gemacht.“ Die Rezeptabholboxen gab sie Jahre später auf, unter anderem weil die Entfernung von 35 Kilometern zu ihrer eigenen Apotheke zu weit für tägliche Fahrten gewesen sei.
Ihre Pläne für die DocMorris-Apotheke will Friedrich nicht verraten. Auch bei DocMorris in den Niederlanden will Strategie-Chef Max Müller die Zukunft des Standortes nicht kommentieren. Dass die Versandapotheke das Weiterführen der Marke im Vor-Ort-Geschäft billigt, hatten viele nicht erwartet. Die allermeisten hatten umgeflaggt, auch um einen Streit mit den Niederländern zu vermeiden, bei denen die Markenrechte jetzt exklusiv liegen. Stephanie Meller etwa hatte überlegt, ihre DocMorris-Apotheke „DocMeller“ zu nennen, wählte letztlich aber City-Apotheke. „Ein Patentanwalt hat mir wegen eines möglichen Rechtsstreits abgeraten, da der Name zu nah am Original liegt“, sagt sie.
Viele Franchise-Partner waren gern DocMorris-Apotheker und hatten Spaß mit dem grünen Kreuz. Umfirmiert haben die meisten Apotheker letztlich doch. Der Berliner Pharmazeut Christoph Neumann etwa öffnete vor sieben Jahren seine erste DocMorris-Apotheke in der Hauptstadt, eine zweite folgte. „Die Zeit hat Spaß gemacht und war zu Beginn innovativ“, sagt er.
Die neuen Ideen aus Stuttgart, der ungewöhnliche Markenauftritt sowie die Preisoffensive seien von der Kundschaft anfangs interessiert aufgenommen worden, so Neumann. „Ich musste nicht viel Werbung machen.“ Vor zwei Jahren entschied er sich dennoch für einen Namenswechsel – behielt jedoch wie andere ehemalige Franchise-Partner einen Teil des Namens bei. Neumann wechselte zu DocKöpenick-Apotheke. „Ich fand den Namen passend.“ Die Kunden nähmen die Änderung jedoch nicht wahr. Das liegt wohl auch daran, dass der Inhaber an der Farbgestaltung festgehalten hat. Die zweite DocMorris-Apotheke trägt heute den Namen Gesund leben.