Desinfektionsmittel: DocMorris streitet mit Lieferanten Patrick Hollstein, 21.04.2022 07:38 Uhr
Die Räuberpistole um geplatzte Desinfektionsmittel-Deals von DocMorris geht in die nächste Runde: Wie die Neue Osnabrücker Zeitung (NOZ) berichtet, streitet die Versandapotheke in den Niederlanden vor Gericht mit einem Importeur. Es geht um die Abnahme von zigtausend Halbliterflaschen, für die sich offenbar kein Käufer fand.
Vor dem Landgericht Osnabrück läuft seit Monaten der Prozess gegen den Windparkbetrüger Hendrik Holt. Als „Beifang“ wurden auch Details über einen geplanten Verkauf von Desinfektionsmittel an den Bund bekannt. Holt erhob schwere Vorwürfe gegen den damaligen Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), der wiederum den Betrüger gar nicht kennen will. Mittlerweile ermittelt die Staatsanwaltschaft auch wegen falscher Verdächtigung.
Tatsächlich soll DocMorris auf das geplante Geschäft hingearbeitet haben. Demnach gab es sogar schon einen Entwurf für ein
Etikett, das auf die Flaschen geklebt werden sollte. DocMorris soll auch schon zwei Millionen Euro auf ein Konto der Holt-Gruppe überwiesen haben – als Anzahlung für erwartete Lieferungen? Nach Holts Festnahme gelang es im letzten Moment, das Geld zurückzuholen. DocMorris äußerte sich gegenüber der NOZ nicht zu einem möglichen finanziellen Schaden, Anzeige erstattet wurde demnach nicht.
Stattdessen streitet die Versandapotheke laut NOZ nun vor einem Gericht in Maastricht mit dem potenziellen Lieferanten. Nach Holts Festnahme im April 2020 wollten demnach dessen vormalige Geschäftspartner – ein Importunternehmen aus Amsterdam namens DK Trade und DocMorris – das Geschäft doch noch irgendwie abwickeln. Wie laut Bericht aus Gerichtsunterlagen hervorgeht, trafen sich Vertreter beider Firmen in Heerlen, um den Verkauf von zigtausenden Halbliterflaschen Hand-Desinfektionsmittel zu besprechen. Im Raum stand demnach ein Preis von 2,50 Euro abzüglich möglicher
Rabatte.
An wen die Ware weiterverkauft werden sollte und zu welchem Preis, bleibt laut NOZ unklar: Denn auch dieses Geschäft platzte, nachdem Spahn zuvor schon gegenüber Holt klargemacht hatte, dass es keine Vorkassedeals mehr geben könne.
Vor Gericht wird darum gestritten, ob es zwischen ihnen eine Vereinbarung gab oder nicht. Der Importeur hatte offenbar bereits größere Mengen in China geordert, die laut Gerichtsunterlagen nun in einem Lagerhaus in Deutschland auf einen Abnehmer warten. Es geht um einen möglichen Millionenschaden.
DocMorris bestreitet laut NOZ, dass bei dem Treffen auch nur mündlich zugesagt zu haben, das Desinfektionsmittel abzunehmen.
Man habe einen zweiten Fall Holt ausschließen wollen und deswegen den Geschäftspartner und das Angebot dieses Mal besonders gründlich überprüft, heißt es in dem Bericht. Zu keiner Zeit sei die Abnahme von Ware zugesagt worden, so die Versandapotheke im Prozess.
Das Gericht in Maastricht entschied zugunsten von DocMorris und wies die Klage ab. Der Importeur hat laut Bericht aber bereits Rechtsmittel eingelegt. Eine Entscheidung der zweiten Instanz steht aus.