Versandhandel

Der verschwiegene Amazon-Apotheker

, Uhr
Berlin -

Der nächste Prozess um eine „Amazon-Apotheke“ geht schneller weiter als erwartet. Das Landgericht Magdeburg hat die mündliche Verhandlung kurzfristig auf den 12. September terminiert. Nach Informationen von APOTHEKE ADHOC hat sich der beklagte Apotheker im schriftlichen Vorverfahren kaum zur Wehr gesetzt.

Holger Neubert betreibt die Bodfeld-Apotheke in Elbingerode und ist auch im Versandhandel aktiv. In seinem Händlershop bei Amazon sind mehr als 50.000 Präparate gelistet. Den Verkauf über die Plattform sieht sein Münchener Kollege Dr. Hermann Vogel jr. kritisch. Er hat Neubert abgemahnt und schließlich Klage eingereicht.

Aus Vogels Sicht bedeutet der Verkauf von OTC-Präparaten über Amazon im Grunde eine Umgehung der Apothekenpflicht. Sein Anwalt Dr. Markus Bahmann macht einen Verstoß gegen die Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) geltend, die den Verkauf apothekenpflichtiger Arzneimittel in der Freiwahl verbietet. Das „Schaufenster“ bei Amazon sei im Grunde nichts anderes, so das Argument. So hatte das Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) den Verkauf von Aspirin jenseits des HV-Tischs untersagt. Begründung: Der Kunde habe seine Kaufentscheidung dann schon vor einer möglichen Beratung gefällt.

Ob es sich bei Amazon auch so verhält, wollte die Vorsitzende Richterin im Bodfeld-Prozess nicht gleich entscheiden. Bei der mündlichen Verhandlung Mitte Juni lehnte sie eine Entscheidung im Eilverfahren ab. Doch im schriftlichen Vorverfahren verzichtete Neuberts Anwalt auf eine Klageerwiderung. Warum, dazu hat sich der Apotheker auf Nachfrage bislang nicht geäußert.

Im Prozess dürfte das seine Position aber kaum gestärkt haben. Nun droht Neubert ein sogenanntes Versäumnisurteil, weil das Gericht nur die eine Seite gehört hat. Bemerkenswert ist allemal, dass die Richterin jetzt so schnell terminiert hat. Ob die Seite der Bodfeld-Apotheke in der mündlichen Verhandlung am 12. September noch etwas vorgetragen wird, bleibt abzuwarten.

Ob Apotheker die Plattform Amazon für den Verkauf apothekenpflichtiger Arzneimittel nutzen dürfen, wird derzeit vor mehreren Gerichten geklärt. Das Landgericht Dessau/Roßlau hatte datenschutzrechtliche Bedenken gegen das Modell und gab einer anderen Klage Vogels statt. Der beklagte Apotheker Michael Spiegel (Linden-Apotheke in Gräfenhainichen) ist in Berufung gegangen, verkauft derzeit aber nicht mehr über Amazon.

Vogel hatte mehrere Versandapotheken abgemahnt, weil aus seiner Sicht Bestelldaten der Kunden zwangsläufig bei Amazon landen und von dort aus an die Apotheke weitergeleitet werden. Im Bodfeld-Prozess hat er das Freiwahl-Argument hinzugezogen. Bei einer Bestellung über Amazon werde die liefernde Apotheke mitunter sogar erst nach Auswahl des Produktes gewählt. Eine Beratung sei hier nicht möglich, de facto finde der Verkauf nicht einmal über Apothekenpersonal statt, so Rechtsanwalt Dr. Markus Bahmann von der Kanzlei Smith, Gambrell & Russell.

Das Angebot bei Amazon ist aus Sicht des Klägers auch nicht mit dem normalen Shop einer Versandapotheke zu vergleichen. Während Neubert auf seiner eigenen Internetseite der Bodfeld-Apotheke ausführliche Informationen zu Nebenwirkungen und Gegenanzeigen der Arzneimittel gebe, fehlten die wichtigen Hinweise bei Amazon. Auch eine Telefonnummer für eine pharmazeutische Beratung sucht man dort vergeblich.

Newsletter
Das Wichtigste des Tages direkt in Ihr Postfach. Kostenlos!

Hinweis zum Newsletter & Datenschutz

Mehr zum Thema
TV-Spot für CardLink
Apo.com wirbt in ARD und ZDF
MicroSilber ist kein Arzneimittel
SOS-Creme: Windstar schlägt BfArM

APOTHEKE ADHOC Debatte