Der unbekannte Riese Patrick Hollstein, 25.01.2009 15:03 Uhr
Mit dem dramatischen Zusammenbruch des Merckle-Imperiums steht auch die Zukunft des Pharmahändlers Phoenix zur Debatte. Während sich die Konzernleitung in Mannheim in Schweigen hüllt, wird in der Branche heftig über Optionen und mögliche Konsequenzen spekuliert. Vom Einstieg eines ausländischen oder branchenfremden Investors bis zum Ausverkauf der einzelnen Unternehmensteile sind viele Szenarien denkbar. Das Schicksal ereilt den Konzern zu einem Zeitpunkt, an dem er nach Jahren der Expansion gerade an die Spitze aufgestiegen ist.
Im auslaufenden Geschäftsjahr wird Phoenix vermutlich erstmals als europäischer Marktführer abschneiden. Mit dem erwarteten Umsatz von knapp 23 Milliarden Euro könnte Phoenix an der bisherigen Nummer 1 Celesio vorbeiziehen. Denn während die Stuttgarter derzeit keine größeren Akquisitionen vorzuweisen haben, schlagen bei Phoenix 2008 eine Reihe von Zukäufen zu Buche.
Wichtigster nationaler Markt für Phoenix ist Deutschland. Hier erwirtschaftete der Großhändler mit 20 Niederlassungen zuletzt 6,3 Milliarden Euro, das sind immerhin fast 30 Prozent des Konzernumsatzes. Mit einem Marktanteil von mehr als 25 Prozent liegt Phoenix auf dem Heimatmarkt vorn. Das Vorsteuerergebnis lag mit knapp 21 Millionen Euro allerdings im Verhältnis zum Umsatz deutlich unter dem anderer Landesgesellschaften.
Ebenfalls Marktführer ist Phoenix mit einem Umsatz von zuletzt 2,9 Milliarden Euro in Italien. Hier betreibt der Konzern sogar 31 Vertriebszentren. Zur Gruppe gehören neben dem Großhandelsgeschäft zwei Apothekenkooperationen sowie die kommunalen Apotheken in Florenz.
In Schweden erwirtschaftete Phoenix 2007 als einer von zwei Großhändlern knapp 1,7 Milliarden Euro. Mit der geplanten Zerschlagung des staatlichen Apothekenmonopols wird jedoch auch das bisherige Vertriebssystem, bei dem Großhändler exklusiv das ganze Sortiment bestimmter Hersteller vertreiben, neu strukturiert. Hier dürften die bisherigen Anbieter in den kommenden Jahren Abstriche machen müssen.
In Großbritannien setzte Phoenix 2007 als Großhändler umgerechnet rund eine Milliarde Euro um; die rund 500 Kettenapotheken schlugen mit mehr als 500 Millionen Euro zu Buche. Auch in Dänemark lag der Umsatz bei rund 1,5 Milliarden Euro; hier hat Phoenix mit einem Marktanteil von 73 Prozent eine dominante Stellung.
In Finnland und in den Niederlanden erwirtschaftete Phoenix als Großhändler zuletzt Umsätze von jeweils rund einer Milliarde Euro; im Königreich trugen die Apotheken zusätzlich rund 150 Millionen Euro bei.
In Ungarn und Tschechien setzte Phoenix als führender Großhändler 2007 jeweils weniger als eine Milliarde Euro um. In Tschechien ist Phoenix außerdem mit knapp 30 Prozent an der Apothekergenossenschaft Pharmos beteiligt und stellt derzeit sogar den Aufsichtsratschef.
In Frankreich lag Phoenix mit einem Umsatz von zuletzt 824 Millionen Euro jahrelang abgeschlagen. Mit der Übernahme der Großhandelssparte der Genossenschaft Cerp Lorraine im vergangenen Mai wird sich das Geschäft ab 2009 auf einen Schlag mehr als verdoppeln. Anstelle von acht betreibt Phoenix dann mehr als 20 Niederlassungen.
In Norwegen erwirtschaftet Phoenix mit Großhandel und Kette rund 800 Millionen Euro, in der Slowakei macht Phoenix als Großhändler rund 500 Millionen Euro, in Österreich und Polen jeweils rund 350 Millionen Euro. In den baltischen Ländern kommt Phoenix auf insgesamt knapp 300 Millionen Euro. Mit rund 250 Millionen Euro ist Phoenix in Kroatien Marktführer, ebenso in Bulgarien mit rund 150 Millionen Euro. In Russland hält Phoenix eine Minderheitsbeteiligung am drittgrößten Großhändler im Land.
In der Schweiz hat Phoenix zugekauft: Beim zweitgrößten Großhändler Amedis-UE ist Phoenix seit Ende 2007 Mehrheitseigner; der Gruppenumsatz steigt damit um rund 600 Millionen Euro. Auch die Apothekenkette Capitole gehört seit vergangenem Jahr zu Phoenix.
PHOENIX SPEZIAL: Der unbekannte Riese
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PHOENIX SPEZIAL: UK-Chef dementiert Zerschlagung
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