Nicht zum Arzt, nicht in die Apotheke: Die Firma Ordermed will Patienten Wege ersparen. Chroniker können Folgerezepte vom behandelnden Arzt anfordern und ihre Apotheke mit der Lieferung der Arzneimittel beauftragen. Obwohl die Apotheken für die Teilnahme bezahlen müssen, soll sich der Aufwand laut Firmenchef Markus Bönig auch für sie lohnen.
Besonders einfach ist die Bestellung bei Ordermed mit einem Smartphone. Mit der entsprechenden App kann man die zur Neige gehende Arzneimittelpackung einscannen. Ordermed faxt dann automatisch einen Rezeptauftrag an den Arzt. Dieser muss der ganzen Prozedur nicht einmal zustimmt haben. „Das funktioniert erstaunlich gut, weil die Ärzte das von Pflegeheimen kennen“, sagt Bönig. Dass Ärzte bei Chronikern Rezepte ohne Untersuchung ausstellen, sei auch heute schon gelebte Realität.
Gleichzeitig wird die Stammapotheke des Kunden über das Internet mit der Abholung des Rezeptes beauftragt. Die Medikamente kann sich der Kunde entweder nach Hause bringen lassen oder selbst in der Apotheke abholen. Deren Bote bringt auf Wunsch auch die Versichertenkarte des Kunden zum Arzt, legt die Praxisgebühr aus und kümmert sich um Überweisungen zu Fachärzten. Auch die Apotheken Umschau bestellt man über die App automatisch gleich mit.
Die Apotheken müssen für die Teilnahme an Ordermed bezahlen: Neben einer einmaligen Aufnahmegebühr von 177 Euro werden monatlich 75 Euro fällig. Zusätzlich fließen pro Transaktion 50 Cent in die Kasse von Ordermed, dieser Betrag sinkt mit wachsenden Umsätzen. Dazu kommen die Nebenkosten.
Trotzdem soll sich das System Bönig zufolge für Apotheken lohnen. Das Abholen der Rezepte etwa verursache keine zusätzlichen Kosten, weil der Apothekenbote wegen der Pflegeheimrezepte sowieso einmal täglich zur Praxis fahre. „Und für die Lieferung können Apotheken erstmals Geld von den Patienten nehmen. Denn diese Dienstleistung ist etwas anderes, als wenn ein Arzneimittel nicht verfügbar ist und später ausgefahren wird“, so Bönig. Auf diese Weise könnte der Lieferservice mindestens kostenneutral gestaltet werden.
Zusätzlich könne die Apotheke ihre Kunden enger an sich binden. „Denn Ordermed funktioniert immer nur mit einer Apotheke. Die Daten werden nie weitergegeben“, so Bönig. Wenn ein Kunde also seine Stammapotheken wechselt, gehen alle Daten verloren.
Zunächst hatte Ordermed das Modell mit zehn Apotheken und 17 Pflegediensten in Hamburg und Niedersachsen getestet und dabei insgesamt 10.000 Rezepte abgerechnet. Seit November können alle interessierten Apotheken mitmachen.
250 Apotheken hat Bönig nach eigenen Angaben schon unter Vertrag, bis zum Jahresende sollen es 1000 sein. Mit den Guten-Tag-Apotheken sowie der Kooperation Migasa bestehen sogar schon Rahmenvereinbarungen. Bönig sieht großes Potenzial: Immerhin gebe es 20 Millionen Chroniker in Deutschland, von denen 7 Millionen fünf oder mehr verschiedene Arzneimittel dauerhaft einnehmen müssten.
Rechtliche Bedenken hat Bönig nicht. Weil Ordermed als nichtmedizinischer Dritter den Auftrag des Kunden ausführe, handele es sich nicht um ein Zuweisergeschäft des Arztes. Die Apotheke betreibe auch keine illegale Rezeptsammlung, weil der Kunde Arzt und Apotheke selbst aussuche, so Bönig.
Die Wettbewerbszentrale sieht das anders und hat Ordermed bereits abgemahnt. Weil die Betreiber von der Rechtmäßigkeit überzeugt sind, steht jetzt eine gerichtliche Klärung an. Dabei soll vor allem geklärt werden, ob es grundsätzlich zulässig ist, dass ein Patient regelmäßig Rezepte ausgestellt bekommt, ohne den Arzt gesehen zu haben.
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