„Der Gesetzgeber sollte doch gelernt haben, dass er den Apotheken vertrauen kann“ APOTHEKE ADHOC, 06.07.2021 14:11 Uhr
Apomondo wollte auf der Höhe der Zeit sein und die Ausstellung digitaler Impfzertifikate voll digital ermöglichen. Doch das Bundesgesundheitsministerium (BMG) wollte das nicht: Ab Donnerstag soll das nämlich verboten sein. Das apothekereigene Telepharmazie-Unternehmen muss sein Angebot dann einstampfen. Für Mitgründerin Margit Schlenk zeigt die Entscheidung des BMG einmal mehr dessen mangelndes Vertrauen in die Apothekerschaft.
Digitale Impfzertifikate sollen Geimpften so einiges erleichtern – aber auch nicht zu sehr, denn eine rein computergestützte Ausstellung ist ab dem 8. Juli verboten. Mit der Änderung der Coronavirus-Impfverordnung (ImpfV) soll ausdrücklich ein unmittelbarer persönlicher Kontakt zwischen Apotheke oder Arztpraxis und der geimpften Person vorgeschrieben werden. Zur Begründung heißt es, eine ordnungsgemäße Kontrolle sei nur bei einer Präsenzausstellung zu gewährleisten: „Eine Ausstellung etwa im Rahmen telemedizinischer Verfahren wird den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Kontrolle demgegenüber nicht gerecht. Dies gilt umso mehr, da eine missbräuchliche Ausstellung nach unzureichender Prüfung zu erheblichen strafrechtlichen Sanktionen führen kann.“
Dabei hatte Apomondo genau das versprochen, nämlich dass eine sichere Prüfung auch am Bildschirm möglich ist. „Wird der Personalausweis in die Kamera gehalten, kann man anhand des Hologramms auch durch die Kamera erkennen, ob das Dokument echt ist“, erklärt Schlenk vor wenigen Wochen. Doch das sieht das BMG offenbar anders – aus Schlenks Sicht anscheinend aus übertriebener Vorsicht: „Die Entscheidung ist ein Stückweit nachvollziehbar, weil schon viele Fehler gemacht wurden und die Politik Angst hat, dass sich so etwas wie bei den Tests wiederholt, als plötzlich jede Shisha-Bar zum Testzentrum werden konnte“, sagt die Inhaberin der Nürnberger NM Vital Apotheke. „Dennoch ist es überzogen und schießt über das Ziel hinaus. Es fehlt einfach das Maß.“
Denn eine Einschränkung sei durchaus sinnvoll, nur müsse die eben an anderer Stelle erfolgen. „Natürlich darf es keinen Missbrauch geben und es dürfen auch keine anonymen Callcenter Impfzertifikate ausstellen“, sagt Schlenk. „Aber wenn eine Apotheke ihren Stammkunden diesen Service anbietet, spricht doch absolut nichts dagegen, das zu tun.“
Sie habe selbst schon solche Fälle gehabt: Stammkunden, die auf Geschäftsreisen waren und ein digitales Impfzertifikat wollten. Über Apomondo sei es problemlos möglich gewesen, ihnen schnell zu helfen – eine weitere Aktion, mit der man Stammkunden in der Vor-Ort-Apotheke halten kann, sagt sie. Ein Betrugspotential gebe es in solchen Fällen nicht. „Die belügen mich nicht, schließlich kennen sie mich teils seit 20 Jahren und wollen doch wiederkommen.“
Schlenk hätte sich deshalb eine differenziertere Regelung gewünscht – die Apothekern und Ärzten auch etwas Urteilsvermögen und Redlichkeit zuspricht. „Das hätte man für die Vor-Ort-Apotheken anders lösen können, statt es mit einer Generalverordnung einfach komplett zu verbieten“, sagt sie. So hätte man Heilberufler von der Einschränkung ausnehmen oder Konstellationen wie die mit den Stammkunden definieren können. „Natürlich gibt es vereinzelt schwarze Schafe, aber generell glaube ich nicht, dass Apotheker das ausnutzen würden – allein schon, weil alle wissen, dass das strafbewährt ist.“ Außerdem sei die Regelung schlicht inkonsistent: „In der Telemedizin geben Ärzte teils lebenswichtige heilberufliche Anweisungen per Videosprechstunde. Das ist erlaubt, aber so ein Verwaltungsakt wie das Ausstellen von Impfzertifikaten soll nun unterbunden werden. Der Gesetzgeber sollte doch gelernt haben, dass er den Apotheken vertrauen kann.“
Offenbar habe es aber für eine differenziertere Regelung nicht gereicht, mutmaßt Schlenk. „Das war wohl der Kürze der Zeit geschuldet, dass da mit der Verordnung alles rasiert wird“, sagt sie. Apomondo habe das Angebot nun erst einmal abgeschaltet, bietet aber weiterhin Terminfunktion für die Vor-Ort-Ausstellung an. Kunden, die schon Termine für die digitale Ausstellung gemacht hatten, seien per Mail informiert worden, dass sie in die Apotheke kommen müssen. Eine große Umstellung sei das nicht und es bestehe die Möglichkeit, das Angebot bei erneut geänderter Rechtslage unkompliziert erneuert werden kann. „Das kann man sofort wieder hochfahren, das ist nur ein Knopfdruck“, sagt sie. „Aber jetzt lassen wir es erst einmal sein, bis der Gesetzgeber es sich wieder anders überlegt. Wir Apotheken sind doch elastisch.“