Infolge der Corona-Pandemie ist der Erkältungsmarkt eingebrochen, und doch ist es ausgerechnet ein Erkältungsmittelhersteller, der die größten Wachstumsraten im gesamten OTC-Bereich vorweisen kann. Im Gespräch mit APOTHEKE ADHOC erklärt Florian Sieben, Geschäftsführer von P&G Health, was es damit auf sich hat und was die Apotheken von Wick Pharma noch erwarten können.
Mit einem Umsatzplus von knapp 15 Prozent im vergangenen Jahr sticht P&G unter den OTC-Herstellern heraus. Während der Gesamtmarkt nur um 2 Prozent zulegte und insbesondere Anbieter von Erkältungsmitteln mit rückläufigen Umsätzen zu kämpfen hatten, konnte der Konzern nach Zahlen von Insight Health sein Geschäft auf 221 Millionen Euro ausbauen (Apothekenverkaufspreise, rAVP). Die Marke Wick legte sogar um 24 Prozent zu – lässt man die Neueinführung ZzzQuil außer Betracht, sind es immer noch 8 Prozent.
ADHOC: Herr Sieben, wie haben Sie der Krise getrotzt?
SIEBEN: Wir glauben an unsere starken Produkte und Marken und an unsere erfolgreichen Programme. Deswegen haben wir trotz Marktkrise sehr stark investiert. Wir wollten die schwierige Marktlage nicht akzeptieren, sondern ihr aktiv entgegenwirken.
Aufklärung funktioniert auch in Zeiten von Lockdowns
ADHOC: Andere Hersteller haben sofort ihre Budgets gekappt, warum sind Sie am Ball geblieben?
SIEBEN: Unsere Strategie ist es, die Verbraucherinnen und Verbraucher über Indiktationen und Produkte aufzuklären, das funktioniert auch in Zeiten von Lockdowns. Entsprechend ist es uns gelungen, selbst in schwierigen Zeiten mehr Frequenz in die Apotheke zu bringen.
ADHOC: Man kann ohne Erkältungswelle aber keine Erkältungsmittel verkaufen…
SIEBEN: Wir haben uns bewusst entschieden, dass wir uns trotz geringerer Nachfrage nicht aus dem Erkältungsmarkt rausziehen. Wir wollten Impulse setzen und das ist uns auch gelungen.
ADHOC: Würden Sie also sagen, Sie gehen gestärkt aus der Krise hervor?
SIEBEN: Im OTC-Ranking waren wir noch vor zwei, drei Jahren zweistellig, jetzt sind wir unter den Top-5. Das ist eine Erfolgsgeschichte, die uns sehr freudig macht.
ADHOC: Was waren für Sie die Highlights dabei?
SIEBEN: Mit ZzzQuil haben wir einen Nerv getroffen. Es gibt ein starkes Bedürfnis nach gesundem Einschlafen, deswegen war dies die erfolgreichste Neueinführung seit zehn Jahren. Aber auch Bion3 Immun konnten wir erfolgreich aktivieren, weil es in der Pandemie einen Bedarf für ein gutes Multivitaminprodukt gab. Wir tun viel für diese Umsatzkategorie.
ADHOC: Beide Segmente sind aber auch hart umkämpft.
SIEBEN: Bei ZzzQuil haben wir uns für eine neue Herangehensweise an eine schwierige Kategorie entschieden. Die Marke ist in Italien, Spanien und Frankreich schon länger auf dem Markt, und wir hatten den Launch in Deutschland im Kopf bereits entwickelt. Mit der Darreichungsform ist es uns gelungen, ein Kundenbedürfnis zu decken.
ADHOC: Wer hatte denn die ausgefallene Idee für ein Melatoninprodukt als Weichgummi?
SIEBEN: (lacht) Wollen Sie jetzt einen Namen wissen?
ADHOC: Oder wie es dazu kam.
SIEBEN: Das war die Produkt- und Marktforschung, die sich intensiv mit den Schlafbedürfnissen der Konsumenten und mit den Ansichten der Apothekerinnen und Apothekern beschäftigt hat. Dadurch haben wir gemerkt, dass es für die Kategorie einen ganz neuen Ansatz braucht, und dass der Weichgummi dafür stehen kann.
Wick als Erkältungsmarke weiter ausbauen
ADHOC: Wofür steht Wick künftig: Erkältung oder Schlaf?
SIEBEN: Wir werden Wick als Erkältungsmarke weiter ausbauen, denn wir sehen hier großes Wachtumspotenzial: Der Markt kommt mit voller Wucht zurück, davon sind wir überzeugt. Deswegen werden wir hier neue Innovationen präsentieren. Schlaf ist aber genauso wichtig und steht bei uns im Fokus, deswegen wird es bei ZzzQuil ebenfalls bald Neuigkeiten geben.
ADHOC: Wie gehen Sie als Hersteller, der stark auf TV-Werbung setzt, mit dem sich verändernden Medienkonsum um?
SIEBEN: Unser Ansatz ist es, über die klassischen Medien über Behandlungsmöglichkeiten und unsere Produktvielfalt aufzuklären. So haben wir Femibion bei Müttern und Frauen mit Kinderwunsch positioniert oder Vigantol für Vitamin D. Selbst Kytta entwickelt sich in einem schwierigen Umfeld hervorragend. Insofern funktioniert TV-Werbung nach wie vor, aber wir setzen auch stark auf Digital oder Print. Und wir sprechen auch intensiv mit den Fachkreisen, also den Ärzten und Apothekenteams, die für uns entscheidend sind.
ADHOC: Das war nicht immer so…
SIEBEN: Wir haben durch die Übernahme der Merck-Marken viel gelernt. Früher gab es beispielsweise keinen eigenen Außendienst, jetzt haben wir wieder ein eigenes, großes Team. Trotz Pandemie haben wir in den vergangenen Jahren viel in die Apotheken investiert und wollen sie auch weiterhin stärken. Nur mit den Apotheken als Partnern können wir die Selbstmedikation nach vorne bringen.
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