Davaso-Übernahme

Iqvia will Abrechnungsbetrug verhindern

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Berlin -

Der US-Konzern Iqvia darf den Abrechnungsdienstleister Davaso übernehmen. Das Bundeskartellamt genehmigte die Übernahme. Für die Marktforscher ist es der Einstieg in den Bereich der Rezeptkontrolle. Ein Angebot für die Kassen soll die Erkennung von Abrechnungsbetrug sein.

„Ziel der Transaktion ist es, gemeinsam den Einsatz von transformativen Technologien voranzutreiben, um damit die Kosten im Gesundheitssystem zu senken und die Qualität der Patientenversorgung in Deutschland zu verbessern“, sagt eine Iqvia-Sprecherin auf Nachfrage. „Die Kombination von Iqvias fortschrittlichen Technologien, dem Know-how im Bereich DataScience sowie der umfassenden Expertise im Gesundheitswesen mit Davasos tiefgreifendem Verständnis des Gesundheitssystems wird die Entwicklung fortschrittlicher Digitalisierungslösungen ermöglichen. Dazu gehören beispielsweise Methoden zur Erkennung von Abrechnungsbetrug und andere prädiktive Lösungen, die Davaso-Kunden helfen werden, die Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung zu verbessern.“

Davaso soll Iqvias führende Geschäftseinheit für die Rechnungsprüfung und die damit verbundene Unterstützung von Krankenversicherern in Deutschland werden. „Die Geschäftsführung von Davaso wird weiterhin den Betrieb unter Einhaltung der gesetzlichen und vertraglichen Rahmenbedingungen verantworten.“ Die Transaktion soll noch in diesem Jahr abgeschlossen sein.

Iqvia festigt mit der Übernahme seine Position bei Krankenkassen, Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) und Gesundheitspolitik und sichert sich Einfluß bei den Themen E-Rezept, Abrechnung und Verträge. Das Geschäft von Davaso ist außerdem hochprofitabel: Bei einem Umsatz von mehr als 80 Millionen Euro lag das operative Ergebnis (Ebidta) bei mehr als 30 Millionen Euro. Iqvia dürfte also einen dreistelligen Millionenbetrag auf den Tisch gelegt haben, um sein strategisches Ziel zu erreichen.

Davaso ist der führende Abrechnungsdienstleister in Deutschland. In Leipzig, Taucha und Suhl sowie den beiden Standorten der IT-Tochterfirmen Gradient und Comline beschäftigt das Unternehmen rund 1400 Mitarbeiter. 450.000 digitalisierte Belege werden nach Unternehmensangaben pro Tag verarbeitet, 144 Millionen Verordnungen mit einem Gesamtwert von 19 Milliarden Euro geprüft. Das Apothekengeschäft ist dabei von untergeordneter Bedeutung: 62 Prozent der Erlöse spülen die geprüften Belege von Taxifahrern, Hebammen, Pflegediensten, Ambulanzen, Hilfsmittelanbietern und Heilmittelerbringern in die Kasse. Weitere 12 Prozent steuert der lukrative DMP-Bereich bei. 5 Prozent kommen von Gradient und Comline.

Nach eigenen Angaben stellt Davaso für mehr als 50 Prozent der mehr als 450 Millionen jährlich ausgestellten Apothekenrezepte die Prozesse zur Abrechnung und Prüfung, insgesamt geht es um ein Abrechnungsvolumen von etwa 22 Milliarden Euro im Jahr. Und mehr noch: Ende Juli gab das Unternehmen bekannt, den digitalen Abrechnungsprozess für das E-Rezept zu starten, den es vorher in enger Abstimmung mit der Gematik, dem GKV-Spitzenverband, der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) sowie dem Deutschen Apothekerverband (DAV) entwickelt hatte. „Mit der Bereitstellung der technologischen Infrastruktur zur E-Rezeptabrechnung leistet die Davaso-Gruppe einen zentralen Beitrag zum digitalen Ende-zu-Ende-Prozess.“

Der Name steht für Daten (DA), Validierung (VA) und Software/Solutions (SO). Das Unternehmen mit Sitz in Leipzig war 2017 durch Fusion der beiden Wettbewerber Inter-Forum und Syntela hervorgegangen. Beide Abrechnungsdienstleister hatte der Brenninkmeijer-Clan (C&A) Ende 2015 beziehungsweise Anfang 2016 übernommen. Ende 2017 übernahm der britische Finanzinvestor Montagu über eine Holding in Luxemburg 90 Prozent der Anteile.

Im vergangenen Jahr gab es mehrere Wechsel im Management, so schied der frühere Arvato-Geschäftsführer und TNT-Vorstand Stefan Middendorf als CEO aus. Den Posten übernahm Siegfried Heimgärtner, als Strategiechef wurde im April mit Yves Rawiel der frühere Geschäftsführer des Kassendienstleisters SpectrumK geholt. Für das operative Geschäft ist Ulrich Schmitt zuständig, für Finanzen Katrin Hirsch. Den Beirat leitet der ehemalige TK-Chef Professor Dr. Norbert Klusen.

Bislang ist Iqvia vor allem im Bereich der Marktforschung aktiv, der Konzern sammelt Daten vor allem aus Apotheken und Kliniken. Weltweit gibt es laut Firmenangaben 150.000 Datenlieferanten, sodass 85 Prozent des globalen Arzneimittelmarktes erfasst würden. Durch die Fusion mit Quintiles kam der Bereich der klinischen Studien hinzu. Jeweils knapp die Hälfte des Umsatzes von mehr als 13,5 Milliarden US-Dollar entfällt auf diese beiden Bereiche. Seine Kompetenz im Bereich der Datenanalyse hat der Konzern außerdem genutzt, um Hersteller bei Strategie und Vertrieb zu beraten. Hierzulande hatte Iqvia dazu vor zwei Jahren die Agenturgruppe Jäger von Röckersbühl gekauft.

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