Ärzte dürfen nicht an ihren Verordnungen verdienen. Bereits im Herbst 2004 hatte der Spiegel über die Verflechtungen von Ärztegenossenschaften mit dem Generikaunternehmen Q-Pharm berichtet. Seit den Rabattverträgen halten die Ärzte Q-Pharm im Geschäft, indem sie aut-idem ankreuzen. Nun will die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen aufnehmen.
Q-Pharm ist eine hundertprozentige Tochter der ÄG Schleswig-Holstein (ÄGSH), die im vergangenen Jahr mit der ÄG Hamburg zur ÄG Nord (ÄGN) verschmolzen ist. Die Mediziner hatten das Generikaunternehmen Ende 2000 gegründet - zur „Einflussnahme auf den Arzneimittelmarkt“. Das Prinzip ist einfach: Q-Pharm zahlt Provisionen an derzeit rund zehn Genossenschaften, alleine 2010 waren es 880.000 Euro.
Die Ärzte sehen keinen Interessenkonflikt: „Der einzelne Arzt bekommt keinen einzigen Cent, wenn er ein Q-Pharm-Präparat verordnet“, betont ÄGN-Geschäftsführer Thomas Rampold. Mit den Erlösen finanzierten die Genossenschaften stattdessen Projekte, Schulungen und Strukturmaßnahmen.
Zudem werde das aut-idem-Kreuz nicht in jedem Fall empfohlen, so Rampoldt weiter. Die Genossenschaften rieten nur in medizinisch sinnvollen Fällen zum Substitutionsausschluss. Während das Kreuz bei Medikamenten für Chroniker stets angebracht sei, sei dies beispielsweise bei Antibiotika nicht der Fall.
Intern allerdings werden andere Töne angeschlagen: Vor zwei Jahren wollte der ÄGSH-Vorstand Mitgliedern die Verordnung von Q-Pharm-Präparaten sogar per Satzung vorschreiben: Die Ärzte hätten die Pflicht, „die wirtschaftliche Basis der Genossenschaft durch die Förderung des Umsatzes mit von ihr, ihren Tochtergesellschaften oder Partnerunternehmen angebotenen Produkten und Dienstleistungen zu stärken“, heißt es in einem Antrag, der allerdings von der Generalversammlung abgelehnt wurde.
Auch bei Q-Pharm ist man sich der Rolle der Ärzte bewusst: „Die aut-idem Verordnungen werden die Zukunft von Q-Pharm sichern“, heißt es in internen Unterlagen. Die aut-idem-Quote, „erfolgreich“ und „unerreicht gut in der Bundesrepublik“, müsse aber weiter steigen: Durch „engagiertes Verordnungsverhalten“ der Ärzte könnten die Zahlen deutlich verbessert werden - trotz der Rabattverträge.
Q-Pharm stellt die rund 50 Präparate nicht selbst her, sondern erhält seinerseits Provisionen vom Partnerunternehmen Juta-Pharma. Jährlich überweist die Firma, mittlerweile eine Tochter des US-Generikakonzerns Watson Pharmaceuticals, rund 10 Prozent des eigenen Umsatzes an Q-Pharm, 2010 waren das rund 1,3 Millionen Euro.
Die Staatsanwaltschaft Osnabrück plant Ermittlungen gegen Q-Pharm, Mediziner der ÄG Niedersachsen-Bremen und die ÄGN selbst. Den Beschuldigten wird einem Sprecher zufolge Bestechung beziehungsweise Bestechlichkeit, Betrug und Untreue vorgeworfen.
Die Anzeige stammt von der AOK Niedersachsen in Absprache mit der Kassenärztlichen Vereinigung. „Bei der Routineüberprüfung von Abrechnungen für das vierte Quartal haben wir Unregelmäßigkeiten festgestellt“, sagt ein AOK-Sprecher. Einige Ärzte hätten auffällig häufig das aut-idem-Kreuz zu Gunsten von Q-Pharm gesetzt. Die Höhe des Schadens stehe noch nicht fest, die Abrechnungen aus anderen Quartalen würden ebenfalls noch geprüft.
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