Interview Jens Graefe (AEP)

„Das Geld findet seinen Weg in die Apotheke“

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Berlin -

Großhandel gegen Großhandel: Der Skonto-Prozess vor dem Bundesgerichtshof (BGH) hatte eine besondere Brisanz. Hätten die Karlsruher Richter anders entschieden, stünden die Apotheken heute mit gekürzten Konditionen da – viele wären nach Expertenmeinung in ihrer Existenz bedroht. Jens Graefe, Geschäftsführer von AEP, hat für das Skonto gekämpft. Im Interview erklärt er, wie es nun weiter geht.

ADHOC: Sie haben den Prozess gewonnen, bei dem der Großhandel als Verlierer dasteht. Wie paradox finden Sie das?
GRAEFE: Paradox ist, dass der Wettbewerb das Verfahren initiiert hat und sich jetzt noch als Verlierer fühlt. Wir haben den Prozess gewonnen, und das Urteil bringt allen, auch für die Apotheken, Sicherheit. Und paradox ist es insbesondere, weil das Verfahren wirklich niemandem außer uns geholfen hat und dabei sehr gefährlich war.

ADHOC: Sie meinen Ihren eigenen Einkauf?
GRAEFE: Im Kern ging es um die Frage, ob es eine Preisuntergrenze gibt, in die Skonti angerechnet werden. Für den einheitlichen Herstellerabgabepreis hätte es tatsächlich in letzter Konsequenz das Verbot von Skonti bedeutet, wenn der BGH das so entschieden hätte. Da hätte in der Supply Chain viel Geld gefehlt – mit unabsehbaren Folgen für die Apotheken. In der Konsequenz hätte das eine Verteilung von der Apotheke zur Industrie bedeutet.

ADHOC: Wird AEP jetzt seine Konditionen anpassen?
GRAEFE: Nein, warum? Für uns ist das Urteil nur eine Bestätigung unserer Konditionen, die seit vier Jahren unverändert sind und im Übrigen vom Wettbewerb ähnlich gelebt und gegeben werden. Dort halt erst nach intensiven Verhandlungen. Es gibt Rabatte, Skonto, Bonusvereinbarungen und genossenschaftliche Rückvergütungen und Weiteres, und viel davon arbeitet in die 70 Cent hinein.

ADHOC: Also ändert sich mit dem Urteil gar nichts?
GRAEFE: Unsere Wettbewerber waren ja offenbar gut für den Fall vorbereitet, falls das Verfahren anders ausgegangen wäre. Inwiefern sie jetzt versuchen werden, die geplanten Gespräche zu führen, bleibt abzuwarten. Für Kürzungen auf Basis der Urteils, so wie geplant, gibt es allerdings keinen Raum mehr. Wie gesagt: An der gelebten Praxis von Rabatt und Skonto wird sich nichts ändern. Und es wird neben dem Skonto weiterhin alle möglichen finanziellen und geldwerten Leistungen geben.

ADHOC: Rechnen Sie nach dieser Begründung des BGH mit einer Klarstellung des Gesetzgebers?
GRAEFE: Derzeit hat das politische Berlin sicherlich andere Themen. Dass das Urteil nach der Regierungsbildung zu Aktionen führt, will ich aber nicht ausschließen. Sollte es aber eine Klarstellung geben, dass die 70 Cent nicht rabattierbar sind, müsste in diesem Zuge auch klargestellt werden, dass handelsübliche Skonti keine Rabatte im Sinne der Verordnung sind. Sonst hätten wir innerhalb kürzester Zeit wieder sinnlose Rechtstreitigkeiten. Im Übrigen ist dieses auch in den Gesetzeskommentierungen schon klar ausgeführt.

ADHOC: Nehmen Sie das Verfahren persönlich?
GRAEFE: Es war ja lang Zeit eine offenes Geheimnis, und ist jetzt ja auch von der Wettbewerbszentrale bestätigt geworden, dass dieser Prozess vom Phagro, einzelnen Mitglieder oder aber vom Vorsitzenden geführt wurde. Sicher nicht direkt, sondern über Bande, Intransparenz gehört nun mal zur DNA unseres Wettbewerbs. Deutlich geworden ist das auch noch mal, nachdem der Phagro als erste Reaktion auf die Urteilsverkündung im Oktober eine Festschreibung der 70 Cent im Gesetz gefordert hat. Und als einziger Stakeholder übrigens gar nichts zum Thema Skonto sagte.

ADHOC: Wäre Ihnen denn eine Rabattsperre für die 70 Cent nicht auch lieber?
GRAEFE: Eine Festschreibung wäre mit Blick auf die grundgesetzliche Gleichbehandlung aller finanziellen und geldwerten Leistungen des Großhandels aus unserer Sicht problematisch. Denn das käme einer Rabattsperre gleich und dann müsste sich der Gesetzgeber neben den Skonti auch zu allen anderen Formen der direkten und indirekten Rabattierung äußern. Ich halte es für unwahrscheinlich, dass sich jeder Einzelfall gesetzlich regeln lässt. Am Ende bleibt die alte Weisheit des Marktes: Wie das Wasser ins Tal findet das Geld immer seinen Weg in die Apotheke.

ADHOC: Und wenn Sie die Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) reformieren dürften?
GRAEFE: Ich würde sie so lassen, wie sie heute ist. Das gemischte Vergütungsmodell beim Großhandel bildet die Sachverhalte bei den Preisen gut ab. Natürlich wäre ein höherer Wert beim Fixum immer schön, aber letztlich haben sich alle darauf eingestellt. Wir brauchen auch keine Rabattsperre. Der Ehrlichkeit halber und um weitere Prozesse zu vermeiden sollte der Gesetzgeber es einfach so lassen, wie es ist.

ADHOC: Fühlen Sie sich als Gewinner?
GRAEFE: Wir fühlen uns in unserer Geschäftspolitik bestätigt. Es war immer unsere Auffassung, dass Skonto buchhalterisch etwas völlig anderes ist als ein Rabatt, nämlich der Ausgleich für eine vorfällige Zahlung nach einem bereits abgeschlossenen Rechtsgeschäft. Das Landgericht Aschaffenburg hat das klar formuliert und dieses Urteil wurde vom BGH wiederhergestellt. Was die Rabattierbarkeit der 70 Cent angeht, haben wir daraus keinen Nachteil. Für uns ändert sich also nichts. Wir haben ein langes Verfahren geführt, das die Gegenseite rund 200.000 Euro gekostet haben wird, die letztlich deren Kunden bezahlen. Da wäre eine Spende nach Afrika sicher sinnstiftender gewesen.

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