Curevac darf halbe Milliarde behalten Patrick Hollstein, 28.04.2022 15:16 Uhr
Den besten Corona-Impfstoff von allen wollte Curevac liefern, am Ende wurde es gar keiner. Denn in der finalen Zulassungsstudie erwies sich der Kandidat CVnCoV als wenig wirksam – das Tübinger Unternehmen hatte offenbar auf die falsche Technologie gesetzt. Der Bund hält trotzdem an der Firma fest, wohl auch weil er selbst beteiligt ist. Und auch die EU zeigt sich großzügig und verzichtet auf knapp eine halbe Milliarde Euro, die für vereinbarte Lieferungen schon angezahlt worden waren.
Während Biontech und Moderna dank der weltweiten Impfkampagne Milliardenumsätze und -gewinne einfahren, kämpft Curevac mit hohen Verlusten. Umsätzen von 103 Millionen Euro steht ein Fehlbetrag vor Steuern von 413 Millionen Euro gegenüber. Hohe Forschungs- und Entwicklungsausgaben hatte vor allem die damals zulassungsrelevante Phase-IIb/III-Studienphase mit 40.000 Probanden verursacht – an deren Ende sich eine Wirksamkeit von weniger als 50 Prozent zeigte.
Laut Finanzvorstand Pierre Kemula sind nun die meisten Verpflichtungen im Zusammenhang mit dem Rückzug des ersten Impfstoffkandidaten (CVnCoV) gelöst. „Es ist wichtig, dass wir von der Europäischen Union die Bestätigung erhalten haben, dass die Vorauszahlung in Höhe von 450 Millionen im Zusammenhang mit dem beendeten Vorkaufvertrag für CVnCoV nicht zurückgezahlt werden muss.“
Curevac galt zunächst als Hoffnungsträger, sodass sich sogar der Bund mit 16 Prozent beteiligte, um sich gegen eine mögliche Übernahme aus dem Ausland abzusichern. Der damalige Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) setzte sich sogar über Bedenken in seinem eigenen Ministerium hinweg; Ex-Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) half beim Kontakt zu Bayer.
Doch im Frühjahr vergangenen Jahres ließen die Ergebnisse auf sich warten. Erst wurde das nachlassende Infektionsgeschehen verantwortlich gemacht, dann das Auftreten von Mutationen. Später war klar, dass wohl die Technologie das Problem ist: Anders als Biontech und Moderna verzichtete Curevac auf den Austausch von Uridin durch Pseudouridin, der laut Studien den Abbau der mRNA verhindert und Immunreaktionen minimiert. Vielmehr setzte Curevac laut Firmengründer Ingmar Hörr auf spezielle Sequenzen innerhalb der mRNA, die denselben Zweck erfüllen sollten, ohne die Basenstruktur zu verändern. Genützt hat es nichts: Nach Bekanntgabe des Flops sackte der Curevac-Börsenkurs drastisch ab.
Curevac hat mittlerweile eine klinische Studie seines neuen Impfstoffkandidaten (CV2CoV) gegen Corona begonnen. Partner ist GlaxoSmithKline (GSK). Und auch der Bund bleibt am Ball – und hat mit seinem Unternehmen schon Verträge bis 2030 geschlossen.