MS-Medikamente

Copaxone: Angriff mit Ansage

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Berlin -

Ein Jahr ist es her, dass Mylan mit Clift ein Konkurrenzprodukt zu Copaxone (Glatirameracetat) auf den Markt gebracht hat. Bislang ist der Erfolg überschaubar, Teva hat sich mit einer neuen Dosierung von der Konkurrenz abgesetzt. Jetzt greift Mylan auch hier an – mit Ansage.

Copaxone war von Teva selbst entwickelt worden und unterstreicht den Anspruch des Konzerns, mehr zu sein als ein reiner Generikaanbieter. 1996 auf den Markt gebracht, ist das MS-Mittel bis heute der wichtigste Umsatzbringer: Mit 4,2 Milliarden US-Dollar machte das Original im vergangenen Jahr ein Fünftel der weltweiten Erlöse von Teva aus. Auf der Ertragsseite spielt das Produkt eine noch bedeutendere Rolle.

Im Mai 2014 war zunächst in den USA das Patent für Copaxone abgelaufen, ein Jahr später fiel der Schutz in zahlreichen weiteren Ländern. Um seinen Blockbuster zu retten, brachte Teva im April 2015 ein Nachfolgeprodukt auf den Markt. Das neue Copaxone enthält mit 40 mg/ml doppelt soviel Wirkstoff wie das ursprüngliche Produkt und muss nur noch dreimal pro Woche statt täglich subcutan gespritzt werden. Bis 2030 ist der Nachfolger laut Teva vor Konkurrenz geschützt.

Die Strategie ging auf: In den USA entfielen im vergangenen Jahr 84 Prozent der Verordnungen auf das neue Produkt, in Europa waren es 67 Prozent. Hierzulande konnte der erste Angriff von Mylan abgewehrt werden, weniger als 1 Prozent entfallen auf Clift. Copaxone 40 mg/ml ist mit knapp 1250 Euro für die Monatspackung nur 100 Euro teurer als das Generikum, kein Grund also für viele Ärzte, ihre Patienten umzustellen. Die Rabattverträge beider Hersteller überschneiden sich in weiten Teilen, Teva hat die Barmer exklusiv, Mylan die KKH.

Doch jetzt wird es für Teva ernst. Das Bezirksgericht Delaware erklärte im Januar vier Patente für die Variante à 40 mg für ungültig; auch über ein fünftes Patent wird bereits gestritten. Der Konzern hat Berufung eingelegt; man könne aber nicht ausschließen, dass Wettbewerber das Risiko eingingen und ein Generikum auf den Markt brächten. Das Europäische Patentamt (EPA) hatte zwar Ende 2016 den Patentschutz für die neue Dosierung bestätigt. Allerdings ist der Streit mit Mylan beziehungsweise Actavis bereits vor Gericht.

Tatsächlich hat Mylan jetzt Zulassungen in den USA und in Europa erhalten. Diese sagen zwar nichts über die Gültigkeit des Patents aus; der Konzern ist aber offensichtlich gewillt, die Markteinführung durchzuziehen: Ab Anfang kommenden Jahres soll Clift in der höheren Dosierung in Deutschland verfügbar sein.

Während der Wirkstoff in den USA von Mylan selbst produziert wird, arbeitet der Konzern in Europa mit dem niederländischen Lohnhersteller Synthon zusammen. Die Firma mit Sitz in Nijmegen liefert bereits die Variante à 20 mg/ml und hat – offenbar ohne eigene Studien – eine dezentrale Zulassung für die Sortimentserweiterung durchgesetzt.

Teva kündigt bereits Widerstand an: „Copaxone 40 mg/3x wöchentlich ist in Europa bis 2030 durch ein Patent sowie weitere geistige Eigentumsrechte geschützt. Teva wird Copaxone weiterhin in verteidigen“, erklärt Sascha Glanemann, Head of Specialty Medicines Germany/Austria.

Laut Teva werden 60 Prozent der Injektionen eingespart; injektionsbedingte Nebenwirkungen werden um 50 Prozent reduziert. In einer Studie mit 1400 Patienten konnte gezeigt werden, dass das neue Regime die Schübe über einen Zeitraum von zwölf Monaten gegenüber Placebo deutlich reduziert. Dass das neue Copaxone besser als oder genauso gut wie das alte wirkt, wurde in der Studie aber nicht gezeigt. Nur eine kleinere Studie mit 230 Teilnehmern aus dem Jahr 2007 hatte Hinweise auf eine bessere Wirksamkeit gegeben.

Glatirameractetat ist ein synthetisches Polypeptidgemisch, dessen Bestandteile Ähnlichkeiten mit den Strukturen der Myelinscheiden aufweisen. Der Wirkmechanismus ist ungeklärt, vermutet wird ein positiver Einfluss auf die durch Lymphozyten vermittelten Entzündungsreaktionen. Laut der Deutschen Gesellschaft für Neurologie gibt es keine Dosiswirkungsbeziehung.

Laut Arzneiverordnungsreport wurde Copaxone 2014 rund 93.000 Mal zu Lasten der Krankenkassen verordnet, das entspricht einem Rückgang um 28 Prozent. Die Zahl der Tagestherapiedosen (DDD) war mit 5,2 Millionen annähernd stabil, genauso wie die Nettokosten von 250 Millionen Euro. Konkurrenzprodukte sind Interferone wie Avonex, Rebif, Betaferon und Extavia mit insgesamt 12,3 Millionen DDD sowie weitere Immunmodulatoren wie Tecfidera (Dimethylfumarat, 3,3 Millionen DDD), Tysabri (Natalizumab, 1,9 Millionen DDD) und Aubagio (Teriflunomid, 1,2 Millionen DDD). Auf den Sphingosin-1P-Agonisten Gilenya (Fingolimod) entfallen 3 Millionen DDD.

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