Chroniker fordern EU-Arzneimittelproduktion APOTHEKE ADHOC, 04.10.2021 14:02 Uhr
Die Pandemie hat die Risiken der globalen Lieferketten im Arzneimittelbereich ins Bewusstsein gerückt. Sieben von zehn Patient:innen möchten wissen, wo ihre Medikamente hergestellt werden. Und 84 Prozent fordern die Politik auf, in die Herstellung vor Ort zu investieren, um eine Abhängigkeit von Ländern außerhalb Europas zu vermeiden. Zu diesen Ergebnissen kommt eine Umfrage des Generikakonzerns Teva unter europäischen Patient:innen, die aufgrund chronischer Erkrankungen auf regelmäßige Medikamente angewiesen sind.
Teva hatte 3000 Patienten über 25 Jahren aus Frankreich, Deutschland, den Niederlanden, Spanien, Kroatien und der Tschechischen Republik befragen lassen, die an einer oder mehreren chronischen Erkrankungen wie Alzheimer, Arthritis, Asthma, Krebs, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, COPD, Depressionen, Diabetes, Herzerkrankungen oder Migräne leiden und regelmäßig Medikamente benötigen.
73 Prozent sind der Meinung, dass die Pharmaindustrie für Europa strategisch wichtig ist, um die Pandemie zu überwinden und die Arzneimittelversorgung sicherzustellen. 61 Prozent halten die Produktion in der Region für wichtig, um die europäischen Gesundheitssysteme zu schützen, und 59 Prozent halten es für entscheidend, die Autonomie und Souveränität Europas über kritische Arzneimittel zu sichern.
85 Prozent der Patient:innen finden den Pharmasektor auch als bedeutend für die wirtschaftliche Erholung: Mehr als 70 Prozent erwarten, dass die Regierungen Maßnahmen ergreift, um Europa im Arzneimittelbereich wettbewerbsfähig zu machen und die Abhängigkeit von ausländischen Lieferungen zu reduzieren.
Neben Arbeitsplätzen (57 Prozent) werden auch Umweltaspekte genannt: 65 Prozent wollen, dass ihre Medikamente umweltverträglich hergestellt werden, 55 Prozent sehen die Chance, Transportwege verkürzen und das Verkehrsaufkommen zu reduzieren. 35 Prozent sind der Meinung, dass in Europa eine umweltfreundlichere Produktion und die Einhaltung von Umweltvorschriften eher garantiert sind als in Übersee.
Teva-Europachef Richard Daniell sprach von einem „Weckruf, dass das wachsende Ungleichgewicht der globalen pharmazeutischen Wertschöpfungskette nicht weitergehen kann“. Patient:innen beschäftigten sich jetzt konkret damit, wo ihre Medikamente hergestellt werden. „So wie ‚Food Miles‘ in den letzten Jahren bei den Verbrauchern zu einem zentralen Anliegen geworden sind, wollen auch Patienten mehr über ‚Medizin-Meilen‘ wissen, wenn es um Behandlungen geht. Die ungesunde Abhängigkeit Europas von der Herstellung pharmazeutischer Wirkstoffe in Übersee wurde durch die Schließung von Fabriken und Grenzen aufgedeckt.“
In einem so stark vernetzten und von wechselseitigen Abhängigkeiten geprägten Bereich wie der Arzneimittelversorgung funktionierten nationalistische Ansätze nicht, so Daniell. „Europa muss seine Politik an neue wirtschaftliche und technologische Gegebenheiten anpassen und gleichzeitig seine Wettbewerbsfähigkeit und geopolitische Position ausbauen, indem es offen bleibt und Investitionen anzieht.“
Teva stelle 95 Prozent seiner Arzneimittel in Europa her, unterstützt durch eigene globale Lieferketten. „Und wir investieren fast eine Milliarde Euro in Fertigungsstätten in ganz Europa.“ Erhellend an Umfrage sei, dass Patient:innen sich dieser Probleme bewusst würden und Veränderungen forderten. „Der Wettlauf um das Generika mit dem niedrigsten Preis muss aufhören, und Europas ziemlich unflexibles und altmodisches Regulierungssystem sollte modernisiert werden, um Europa im Wettlauf um pharmazeutische Investitionen zur Herstellung wichtiger Wirkstoffe und Generika zu halten.“
Mit einer Verbesserung der Widerstandsfähigkeit Europas könne man gleichzeitig einen wirtschaftlichen Beitrag für die Region leisten. „Es besteht die Möglichkeit, diesen Wendepunkt zu nutzen und ein besseres Ökosystem aufzubauen, in dem eine stärkere Präsenz der pharmazeutischen Herstellung in Europa den Rest der globalen Lieferkette ergänzen kann.“